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Sven Kindervater

Warum in der Thälmannstraße noch diesen Sommer alles anders wird + 4 Kommentare

So könnte es nach den Sommerferien aussehen.
Über die Breite des Asphaltstreifens wird noch diskutiert.

Die Gäste im Zentrums-Ausschuss waren auch nach 90min Diskussion verwirrt: Warum kommt denn jetzt in die Ernst-Thälmann-Straße noch dieses Jahr ein breiter Streifen Asphalt? Ein Erklärungsversuch von Sven Kindervater.

Die Gäste im Zentrums-Ausschuss waren auch nach 90min Diskussion verwirrt: Warum kommt denn jetzt in die Ernst-Thälmann-Straße noch dieses Jahr ein breiter Streifen Asphalt? Ein Erklärungsversuch von Sven Kindervater.

 

Wann haben Sie das letzte Mal 2345€ sinnlos verprasst? Nun, wenn man spitzfindig ist, hat das gerade die Gemeinde Neuenhagen bei Berlin getan. Der Gemeindevorsteherin Ilka Goetz (LINKE) war aufgefallen, dass auf Höhe des neuen Bioladens die angegliederte Ernst-Thälmann-Straße (ETS) eine neue Delle aufwies. Als sie das am Rande einer Beratung mal ansprach und nachgeforscht wurde, fand man schnell heraus, dass hier tatsächlich eine Verkehrsgefährdung vorlag.

In solchen Fällen hat die Gemeinde ein Konto im Haushalt, sodass umgehend repariert werden kann. Doch nicht selten ist das Geld aus diesem Topf schon rum, wenn das Jahr noch gar nicht alle ist. Bei über 130km Straßennetz, was zum Großteil nicht mehr aus Feldwegen wie noch vor 25 Jahren besteht, kostet eben nicht nur der Ausbau, sondern vor allem der Erhalt. Gerade jetzt wurden der Zustand der Straßen wieder analysiert und Probleme herausgearbeitet.

 

Eine lange Diskussion

Nun könnte man natürlich behaupten, das Geld sei also gut angelegt gewesen. Doch haben Sie das überhaupt gemerkt? Und das war nicht mal die einzige Maßnahme in der ETS in den vergangenen Jahren. Das Problem ist: Wir erhalten hier mit Steuergeldern einen Zustand, den eigentlich gar keiner erhalten will. Deswegen wird hier Geld unnötig versenkt.

Rückblende: 2012 beschließt die Gemeindevertretung, erst einmal gar nichts mehr in der ETS zu tun. Die Diskussionen waren an einem toten Punkt angekommen. Die Schuldfrage ist da eher langweilig, denn Fakt ist: Keiner hat in der Debatte so an einer Lösung der Konflikte gearbeitet, dass es auch tatsächlich eine Lösung gab. In der Eisenbahnstraße haben wir 2016 gezeigt, dass das auch anders geht. Und genau hier soll nun angeknüpft werden.

 

Mit Elan nach vorne

Nachdem die Verwaltung und der Investor am Bahnübergang nun erst einmal so richtig zu tun haben, ziehen die Gemeindevertreter gedanklich schon weiter und mit der Zuversicht aus dem Prozess vom Frühjahr will man sich nun auch der ETS widmen. Doch da musste die Verwaltung ihrem euphorisierten Gemeinderat den Zahn ziehen. Denn es gibt, frisch im März eingetroffen, ein Regenwasserkonzept und das sagt, was man mit dem bloßen Auge sehen kann: Anders als vorgeschrieben, versickert das Regenwasser in der ETS nicht vollständig auf den Grundstücken und natürlich fließt es den Berg hinunter. Da es zunehmend (Stichwort: Klimawandel) zu Starkregenfällen kommt, haben viele jetzt schon erlebt, wie es sich rund um den Bahnhof in großen Teichen sammelt.

Was folgt ist klar: Wenn man jetzt zuerst ganz unten anfängt, also im Zentrum, dort wo alle Veränderungen wollen, verschärfen wir die Probleme – und haben mal gar nichts gekonnt. Die ETS müssen wir leider vom Rathaus Stück für Stück nach Süden abarbeiten. Mit Blick auf den Haushalt und was dabei alles geplant und bearbeitet werden muss, sind wir damit – wenn jetzt alles ganz schnell geht – 2021 fertig. Das hat erst einmal gesessen.

 

Ein praktischer Umstand

Nun können Sie sich mal ausrechnen, was uns das kosten wird, bis dahin immer wieder der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und Dellen, Beulen und Huckler auszubessern. Doch es gibt nun dieser Tage eine neue Idee. Eine Übergangsidee.

Denn es ergibt sich der praktische Umstand dass der REWE über die Sommerferien schließen wird, um sich zu erweitern. So kam die Idee, diese Zeit ohne Anlieferverkehr und sicherlich auch verringertem Kundenstrom für eine Zwischenvariante zu nutzen. Es soll damit explizit keine Entscheidung über die Straße an sich getroffen werden. Vielmehr ist es das Ziel, mal für ein paar Jahre Ruhe zu bekommen.

 

Ein Übergang in die Zukunft

So soll die Mitte der Straße erst einmal als Übergang asphaltiert werden, das restliche Pflaster links und rechts bleiben (siehe Grafik). So versickert der Regen in den mehr als reichlich großen Fugen und die Verkehrssicherung gibt erst einmal Ruhe. Die Anwohner werden für so etwas auch nicht zur Kasse gebeten. Gebaut würde in Tagesabschnitten, sodass es mit der Ausnahme von fünf Tagen nicht zur Sperrung kommen würde, sondern man von Nord und Süd immer bis zu einer kleinen Wanderbaustelle herankäme und auch die Handelnden so weiterhin von den Kunden erreicht werden können. Einzig an maximal fünf Tagen ganz zum Schluss wird es zu einer Vollsperrung kommen.

Das empfahl nun auch der Zeitweilige Ausschuss zur Einzelhandels- und Zentrenentwicklung. In der Debatte wurde schnell deutlich, dass niemand diesen Zustand für lange haben will. Vielfach wurde betont, am Ende dort auch wieder Kopfsteinpflaster zu haben. Aber eben erneuert und mit Fugen, die für Fahrradfahrende machbar sind. Denn neben dem historischen Feeling, sind Pflasterstraßen bis zu fünf Mal länger haltbar. Ebenso deutet sich ein Umdenken zu 2012 an, was die Frage der Einbahnstraße angeht. Nachdem das von LINKEN und GRÜNEN erneut angesprochen wurde, gibt es im Gegensatz zu vor vier Jahren niemanden mehr, der etwas dagegen hat. Ob man das nicht gleich miteinführen könnte, wird man die Tage noch diskutieren.

 

Nicht nur quatschen

Aus Gelegenheit und Not wird es nun eine Zwischenlösung geben, die relativ kurzfristig entstanden ist. Das mag vollkommen überraschen, schien das Thema ETS doch ein einziges Minenfeld. Aber wie sagte ein Gemeindevertreter: Bei dem Thema sind wir uns wesentlich näher, als bei der Eisenbahnstraße. Na dann. Nutzen wir die Zeit zur Debatte über die Zukunft und gönnen wir uns bis dahin etwas Ruhe. Gleichzeitig setzen wir ein Signal, dass es uns um das Zentrum wirklich ernst ist und wir nicht nur quatschen wollen.

KOMMENTARE

Mit dem Vorschlag dieser Zwischenlösung hege ich die große Befürchtung, dass, trotz aller jetzt verlautbarten Meinungsäußerungen, der Interimszustand zum Dauerzustand wird. Und zwar, wie auch die Neuenhagener Mobilitätsstatistik zeigt, aus Bequemlichkeit: Die asphaltierte Mittelfahrbahn wird das Autofahren schön komfortabel machen, den Verkehr beschleunigen und die ETS damit wie die Hauptstraße für alle anderen Verkehrsteilnehmer unsicherer und unattraktiver machen. Schließlich wird die Autofraktion diesen Zustand nicht mehr ändern wollen. Brief und Siegel darauf. Das genaue Gegenteil sollte gemacht werden.

 

Die Seitenränder sollten für den Radverkehr asphaltiert werden und die Mitte gepflastert bleiben. So machen es bereits fahrradfreundliche Kommunen vor (ein Bsp. aus der näheren Umgebung ist die Garziner Str. in Garzau, aber es gibt auch viele Bsp. innerorts). Die Seitenstreifen müssten nicht einmal zwangsläufig als Radstreifen oder Schutzstreifen angelegt sein, sie könnten auch von Kfz mitgenutzt werden. Umgekehrt wird aber kein Radfahrer auf dem mittleren asphaltierten Streifen fahren und dies würde auch nicht von Kfz akzeptiert werden (abgesehen vom Rechtsfahrgebot). Der Radverkehr würde damit wie an vielen anderen Stellen in Neuenhagen weiterhin rechtswidrig auf den Gehweg verdrängt und damit zum Verkehr zweiter Klasse degradiert werden.

 

Dies änderte sich auch nicht mit der angesprochenen "fahrradfreundlichen" Pflasterung. So etwas gibt es nicht. Wer Radverkehr als nachhaltigste und effizienteste Mobilitätsart, die nicht nur für Sonntatgsausflüge, sondern auch für Pendler- und Einkaufsfahrten Alternative sein kann und sollte, ernst nimmt, für den kommt Pflasterung nicht in Frage. Fehler wie in der Rudolf-Breitscheid-Allee sollten nicht wiederholt werden.

 

Adressiert an den Einzelhandel: Fußgänger und Radfahrer sind die "besseren" Kunden. Sie nehmen nicht nur die Umwelt aufgrund ihrer Geschwindigkeit und Rundumsicht viel differenzierter wahr, sie kommen, wie Studien zeigen, auch öfter zum Einkaufen und geben dabei mehr Geld aus. Der Einzelhandel sollte sich im eigenen Interesse mit solchen Sachverhalten auseinandersetzen, umdenken und für eine Förderung des Fuß- und Radverkehrs eintreten.

 

Die ETS sollte also auf diese Verkehrsträger bauen und nicht den Autoverkehr weiter privilegieren. Da sich mit einem asphaltierten Seitenstreifen mögliche Regenwasserprobleme nicht im Schnelldurchlauf lösen lassen und m. E. aus oben genannten Gründen von der Zwischenlösung abzusehen ist, sollte das Regenwasserproblem entweder langfristig mit den Seitenstreifen oder anders gelöst werden. 


Ulrich Wegener


Sehr geehrter Herr Wegener,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Zu Ihren Gedanken:

Zunächst einmal: Nein, hoch und heilig - es wird kein Dauerzustand! Das kann es auch gar nicht. Zum einen wird die Decke nur knappe zehn Jahre halbwegs erträglich sein. Zum Anderen passt sie nicht ins Regenwasserkonzept und dieses müssen wir umsetzen, wollen wir der kommenden Regenmasse Herr und Frau werden (wie man dieser Tage wieder eindrucksvoll erleben kann). Außerdem hat niemand ein Interesse daran, einen buchstäblichen Flickenteppich im Zentrum auch nur länger als nötig zu ertragen. Es geht jetzt nur darum: Fünf Jahre Geld rausschmeißen für einen Nicht-Zustand oder eine Überbrückung.

Die Seitenstreifen kommen leider nicht in Betracht. Es festigt sich dieser Tage ja der Gedanke, ein Einbahnstraßensystem einzuführen. Da wäre es sogar cleverer gewesen, die eine Hälfte zu asphaltieren und die andere den Parkenden auf der Rumpelpiste zu überlassen. Nur, wie nicht anders zu erwarten, macht der liebe Regen das auch wieder nicht mit. Wir brauchen die Ränder mit ihren großen Fugen, damit es von allen Grundstücken und Borsteinen auf der Ostseite versickern kann.

In einer Einkaufsstraße, wo viele Familien ihren Wochenendeinkauf tätigen, das Auto nicht mitzudenken, wäre etwas der Zeit voraus. Inhaltlich ist Ihnen ja durchaus zuzustimmen, aber die ETS ist auch keim Umerziehungsgelände. Die Debatten zu alternativen Transportmitteln stehen am Anfang und werden sich unweigerlich in ihren Widersprüchen auflösen müssen. Letztlich ist Asphalt mir erst Mal lieber als die jetzige Huckelpiste.

Sven Kindervater


Warum führt man diese Maßnahme nicht wenigstens bis zur P.-Zellerstraße durch ? Wenn schon sollte die "Teilung" der ETS dort erfolgen und nicht an der Gartenstraße !! So hätte man wenigstens den Geschäftsteil der ETS in einem halbwegs befahrbaren Zustand. So aber wird der Teil der Straße indem sich auch noch etliche !!!Läden befinden wieder zweitklassig behandelt. Und gerade dort ist die Strasse ebenfalls sehr ausgewaschen und dellig -teilweise schlechter als im vorderen Teil. Diese "Aufteilung" der Straße in reine Anlieger-und Geschäftsstraße an der Linie P.-Zellerstraße würde wesentlich positiver sein wenn es schon sein muss.

H.-J. Raddatz


Sehr geehrter Herr Raddatz,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Zu Ihren Gedanken:

Sie haben vollkommen Recht und niemand in der GVT oder Verwaltung sieht das in irgendeiner Weise anders. Der Teil der ETS von Prof. Zeller bis Gartenstraße steht auf der Liste für den grundsätzlichen Ausbau aber auch weiter vorne. Es ging lediglich darum, dass das Südende erst ganz zum Schluss drankäme und wir jetzt das kleine Fenster haben, wo der REWE nicht beliefert wird und wir eine Übergangslösung vornehmen können.

Die GVT hat sich vorgenommen, bis zum Frühjahr 2017 eine Entscheidung getroffen zu haben. Auch bereits 2017 schon Planungsmittel einzuplanen, ist im Gespräch. Das mag alles nicht befriedigen, aber das ist, was wir derzeit unter Berücksichtigung aller Faktoren leisten wollen und leisten können.

Sven Kindervater


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf