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Straßenreinigung: Kann das Neuenhagen allein besser?

Das Hauptthema am 22. Januar im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss (VWA) war die Kommunalisierung der Straßenreinigung, der Laubentsorgung, der Grünflächenpflege und des Winterdienstes. DIE LINKE hatte dieses Thema der Daseinsvorsorge bereits im vergangenen Jahr in die Beratungen eingebracht -  Auslöser waren die Probleme der Laubentsorgung und Straßenreinigung im Jahr 2011 - und dazu ein <media 37765 - download "Leitet Dateidownload ein">Positionspapier</media> [1] veröffentlicht.

Auf der Ausschusssitzung am 22. Januar ging es um die möglichen Organisationsformen, wenn die Gemeinde diese Leistungen in Eigenregie oder im Verbund mit den Nachbargemeinden erbringen will. Der <media 37764 - download "Leitet Dateidownload ein">Vorschlag der Links-Fraktion</media> [2], hierzu einen Zweckverband zu gründen, fand keine Mehrheit. Vielmehr sollte die Gemeinde überlegen, in welchem Umfang sie diese Aufgaben künftig selber übernehmen kann, anstatt sie mit wechselndem Erfolg und steigenden Kosten privaten Dienstleistern zu übertragen. Der neue Leiter der Serviceeinheit Gebäudemanagement und Bauhof, Jörg Hübner, versprach, sich der Sache anzunehmen. Soweit das Ergebnis.

In der Diskussion zum Thema wurde deutlich, dass es sich hierbei auch um komplizierte Rechtsfragen handelt, deren Verständnis eine gründliche Befassung voraussetzt. Es zeigten sich folgende Dissenzpunkte:

  • Kommunale Selbstverwaltung versus Übertragung von hoheitlichen Aufgaben an einen Zweckverband,
  • Möglichkeiten der Einflussnahme der Gemeinde auf den Zweckverband, 
  • Einhaltung der Reinigungsstandards bei Eigenleistung und beim Zweckverband,
  • Synergieeffekte durch den Zweckverband gegenüber der Eigenleistung,
  • Organisation, Finanzierung und Besteuerung der Leistungen des Zweckverbandes.

Zu diesen Punkten sind im o.g. Vorschlag der Links-Fraktion bereits Darlegungen gemacht worden. Hier soll deshalb auf die Gegenargumente näher eingegangen werden.

Das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung wird durch einen Zweckverband nicht in Frage gestellt. Der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) ist ein solcher Zweckverband, der gegründet wurde, weil die Wasserver- und entsorgung nur bei einem entsprechend großem Einzugsgebiet wirtschaftlich erbracht werden kann, wozu eine einzelne Gemeinde wie Neuenhagen nicht in der Lage wäre. Mit dem Beitritt Neuenhagens zum WSE als wurde eine hoheitliche Aufgabe lediglich an einen kommunalen Zweckverband abgegeben.

Die Einflussnahme einer Gemeinde auf einen von ihr mitgebildeten Zweckverband ist gesetzlich geregelt. In der Verbandsversammlung, dem obersten Organ, hat die Gemeinde Stimmrecht. In der Satzung kann auch ein Vetorecht verankert werden. Damit ist eine umfassende Einflussnahme gesichert. Warum das in der Diskussion mit einer unflexiblen Planwirtschaft (a la DDR?)  in Verbindung gebracht wurde, ist unverständlich.

Mehr Substanz hat dagegen die unterschiedliche Bewertung, ob die Reinigungsstandards im Zweckverband oder bei Eigenleistung besser eingehalten werden. Die Verwaltung argumentiert, dass bei Mängeln die Bürger sich bei ihr beschweren. Sie kann dann nur an den Zweckverband weiterleiten und hat damit Mehraufwand. Das mag für den Anfang so sein, doch wenn es sich mit der Zeit festsetzt, dass hierfür der Verband zuständig ist, wird sich der Bürger direkt an diesen wenden -  so wie jetzt bereits beim Wasser und beim Müll.  Ansonsten hängt die Qualität der Arbeit vom eingesetzten Personal und von der zur Verfügung stehenden Technik ab. Ein Verband mit seinem dafür errichteten Zweckbetrieb kann aber mehr Ressourcen einsetzen als eine einzelne Gemeinde. Deshalb bietet die Eigenleistung für die Einhaltung der Reinigungsstandards gegenüber dem Zweckbetrieb keinen Vorteil.

Interessant ist auch die Betrachtung der Synergieeffekte bei einem Zweckverband gegenüber vieler Eigenleistungen. Hier wurde argumentiert, dass das Laub und der Schnee in den benachbarten Gemeinden des Zweckverbandes ja gleichzeitig anfällt. Deshalb kann keine ressourcensparende Staffelung der Arbeiten  wie bei der Straßenreinigung erfolgen. Ist das wirklich so? Gibt es nicht bereits heute bei der Laubentsorgung versetzte Zyklen, da ja nicht alles Laub auf einmal anfällt? Anders ist es beim Winterdienst. Hier entsteht sofort und überall die Pflicht zur Abstumpfung und Beräumung der öffentlichen Verkehrswege. Bisher hatten das die örtlichen Bauhöfe mit Unterstützung privater Winterdienste ganz gut im Griff. Und so kann es auch bleiben, wenn die örtlichen Ressourcen und die privaten Winterdienste im Zweckverband koordiniert werden.

Ein weiterer Synergieeffekt für den Zweckverband erschließt sich aus der Einrichtung von Deponien und Aufarbeitungsplätzen zur umweltschonenden Separierung und Kompostierung von Abfällen aus der Straßenreinigung, der Grünpflege und der Laubentsorgung. Auch hier wäre eine einzelne Gemeinde überfordert.  

Der sich in der Diskussion am schwierigsten darstellende Punkt waren die Fragen zur Organisation, Finanzierung und Besteuerung eines Zweckverbandes. Heute erhält jeder Grundstücksbesitzer in Neuenhagen mit dem Grundsteuerbescheid gleichzeitig den Bescheid für die Straßenreinigungsgebühren. Letztere würden dann vom Zweckverband auszustellen sein, was für diesen Aufwand und für die Gemeinde keine Einsparung bedeuten würde. Das ist richtig. Der Mehraufwand sind hauptsächlich Papier – und Portokosten, vom einmaligen Umstellungsaufwand und EDV/Druckkosten abgesehen.

Die Finanzierung des Zweckverbandes und seines Zweckbetriebes erfolgt durch die Straßenreinigungsgebühren, die jetzt die Gemeinde erhebt. Der Zweckbetrieb benötigt Erst- und Folgeinvestitionen. Diese dürften nicht auf die  Straßenreinigungsgebühren aufgeschlagen werden, argumentiert die Verwaltung. Ist das richtig? Jede Gebührensatzung muss sich an den tatsächlichen Kosten orientieren und kann bis zu 100% dieser Kosten ausmachen. Zu diesen Kosten zählen auch Finanzierungskosten für Tilgung und Zinsen der Kredite, die für die o.g. Investitionen aufgenommen werden. Das Argument ist also nicht nachzuvollziehen.
 
Zum Schluss soll kurz auf die Besteuerung des Zweckbetriebes eingegangen werden. Derzeit werden hoheitliche Aufgaben - und dazu gehören die Straßenreinigung, der Winterdienst, die Laubentsorgung und die Grünflächenpflege im öffentlichen Raum - in Deutschland nicht besteuert, solange sie von der öffentlichen Hand selbst  durchgeführt werden. Dabei ist es unerheblich, ob das eine einzelne Gemeinde oder ein kommunaler Verband ist. Der steuerliche Vorteil einer Kommunalisierung der o.g. Aufgaben beträgt derzeit 19%. Dieser Vorteil kann zur Qualitäts-, Kosten-  und Leistungsverbesserung genutzt werden.

In der EU sind aber Bestrebungen erkennbar, die das ändern wollen, weil die öffentliche Hand dadurch Wettbewerbsvorteile gegenüber der Privatwirtschaft hat. Das ist bei der von der EU vorangetriebenen Liberalisierung nicht gewollt. Welche Blüten das treibt, zeigt die Diskussion um die Privatisierung der Wasserversorgung. Dagegen regt sich zunehmend Widerstand. Es hat sich gezeigt hat, dass die Privatisierung öffentlicher Güter und Aufgaben und ihre damit verbundene Überlassung an die Märkte nicht zu den für das Gemeinwohl erhofften Verbesserungen geführt hat [3].

Das Gemeinwesen, also auch eine Kommune, muss daran interessiert sein, ihre Aufgaben zum Wohle der Bürger langfristig und nachhaltig, effektiv und ökologisch, mit sozialgerechten und perspektivischen Arbeitsplätzen zu erbringen. Dazu bedarf es angesichts des Privatisierungswahns der letzten Jahrzehnte eines Umdenkens. Dieser Prozess wird von den LINKEN nicht aus Staatshörigkeit heraus befördert, sondern wegen der Notwendigkeit des  inneren Zusammenhalts der Gesellschaft.

Die Diskussion im VWA zur Kommunalisierung hat zu dem eingangs genannten Ergebnis geführt. DIE LINKE betrachtet das trotzdem als einen Teilerfolg, sieht dabei aber dennoch weitaus mehr Potential in dieser Frage. Dieser Beitrag soll  Argumente öffentlich machen. Die Daseinsvorsorge ist eine gesellschaftliche Aufgabe und gehört daher nicht in die Hand einzelner profitorientierter Privatunternehmen. 

Klaus Biedka

[1] –<media 37765 - download "Leitet Dateidownload ein"> Positionspapier Kommunalisierung der Daseinsvorsorge, Aug. 2012</media>
[2] – <media 37764 - download "Leitet Dateidownload ein">Vorschlag und Begründung eines Zweckverbandes zur Straßenreinigung, Jan. 2013</media>
[3] – Vom Wasser bis zur Müllabfuhr – die Renaissance der Kommune, „Blätter“, 1/2013

 010313


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf