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Sven Kindervater

Stimmungsmache und Unwahrheiten zur Ernst-Thälmann-Straße + 2 Kommentare

Ein Abgeordneter macht dieser Tage mächtig Stimmung. Was ist dran an den Gerüchten, die Bevölkerung solle an der Debatte um die Erneuerung der Ernst-Thälmann-Straße nicht beteiligt werden? Nichts!

Liebe Neuenhagenerin, lieber Neuenhagener,

 

vielleicht sind Sie heute auf diese Seite gegangen, weil Sie sich gefragt haben, was denn nun dran ist an den Gerüchten, dass die Öffentlichkeit nicht an der Debatte um die Erneuerung der Ernst-Thälmann-Straße (ETS) beteiligt werden soll.

 

Ich sage es mit einem Wort: Nichts.

 

Es tut weh, in Zeiten zu leben, wo dem die größte Aufmerksamkeit gegeben wird, welcher am lautesten schreit – und am meisten lügt.

 

Ich nehme den Vorwurf der Lüge nicht leicht in den Mund. Ich habe konkret in meiner ganzen politischen Arbeit dies noch nie getan – obwohl es sicher schon der Anlässe genug gab.

 

Allerdings ist mir auch immer wichtig zu verstehen, warum Menschen etwas tun und ob ich es wirklich persönlich nehmen muss. Politik ist der Austausch von Interessen, und auch wenn man nicht alle teilt, kann man die allermeisten sicher nachvollziehen. Ich kenne niemanden, der in der Politik ist, um Böses zu tun. Deshalb argumentiere ich, wo ich kann, auf der sachlichen Ebene und bin ein großer Anhänger von Argumenten und Fakten.

 

Ich werde mich auch von Herrn Scharnke nicht auf das persönliche Niveau (er)pressen zu lassen. Daher einzig zu den Fakten: Wir haben im Jahr 2015 in der Debatte zur Eisenbahnstraße erlebt, was passiert, wenn zwei Vorschläge wie Züge aufeinander zurollen und kollidieren. Das ist auch menschlich zu erklären: Wenn sich die Gegenseite nicht bewegt, warum sollte man den ersten Schritt tun? Man hängt ja an seiner Idee, findet die plausibel. Am Ende ging es ums Ortszentrum und nicht um irgendeine Querstraße, natürlich ging es hier also auch um die großen Linien, wohin es mit dem Ort geht. Ein Ort, der bald 20.000 Einwohnende haben wird und das Wort „Stadt“ schlichtweg nicht mehr aufhalten kann.

 

2016 haben wir gezeigt, dass wir zusammenarbeiten können. Auf vielen Ebenen haben sich die verschiedenen Vertreter aufeinander zubewegt. Es ist ein Kompromiss entstanden, der bedeutete, dass alle Seiten sich aufeinander zubewegen mussten. Das haben sie getan. Keiner hat sich das leichtgemacht, keiner hatte nur Schmetterlinge im Bauch. Das ist gelebte Demokratie. Das ist das, was Sie, liebe Neuenhagenerinnen und Neuenhagener, zurecht von uns erwarten können.

 

Nun ging es uns darum, dass wir bei der Debatte um die ETS nicht in die selbe Sackgasse rasen, sondern gleich auf ein gutes Miteinander setzten.

 

Die ETS ist Ausdruck kommunalpolitischen Stillstands der letzten Jahrzehnte. Die Bordsteine sind marode, die Straße vollkommen wellig, eine Zumutung für Autos und für Fahrradfahrende schlichtweg inakzeptabel. Dazu ist der Belag eine enorme Lärmquelle für die Anwohnenden, und als Busfahrgast hat man besser nicht kurz zuvor gegessen. Nun könnte man ja sagen, es ist halt so, es muss nicht überall wie geleckt aussehen. Aber: Um diesen von niemandem wirklich gewollten Ist-Stand zu erhalten, investieren wir jährlich eine fünf- bis sechsstellige Summe. Damit soll Schluss sein. Wenn wir investieren, dann in etwas, für das es sich lohnt, Steuergelder zu verwenden.

 

Nun waren wir rechtlich dazu gezwungen, Teile dieser Diskussion ohnehin nicht-öffentlich stattfinden zu lassen. Da Grundstückswerte betroffen waren, ist dies laut § 36 Abs. 2 S.2 BbgKVerf so vorgesehen.

 

Wir wollten die Zeit aber auch mitnutzen für zwei Ziele: Zum einen wollten wir mal hören, was jedem wichtig ist, wo das Herz dranhängt, was er in anderen Städten gesehen hat, was seine Vorstellungen sind. Ohne, dass auch nur einer einen neuen Plan aus der Tasche zaubert. Zum anderen hatten wir die Verwaltung gebeten, diese Vorstellung gleich einmal zu bewerten und uns ebenso ihr Herz auszuschütten.

 

Wir bekommen dafür auch nicht Gehalt, sondern maximal eine Aufwandsentschädigung. Es handelt sich um 15€. Es ist mehrfach rechtlich geklärt, das damit lediglich die Aufwendungen gedeckt werden. Ich sage das sehr gerne offen, es ist auch kein Geheimnis. Rund um die vergüteten Sitzungen habe ich pro Woche mindestens drei Sitzungen, zehn Telefonate und sitze an unzähligen Mails und lese hunderte Seiten Unterlagen. Glauben Sie mir, ich rechne Ihnen da besser nicht den Stundenlohn aus!

 

So hatte ich noch in der Sitzung mehrfach darum gebeten, eine vertrauensvolle, offene und einladende Atmosphäre zu schaffen. Die Demokratie muss dieser Tage besonders liefern und kann sich ein Gezanke nicht leisten. Wir müssen Bürger nicht aufwiegeln, sondern mit unserer konkreten Arbeit überzeugen, Probleme nachhaltig lösen und die Lebensbedingungen für alle spürbar verbessern. Für was sich Herr Scharnke entschieden hat, ist nun gut dokumentiert.

 

Wir werden nun das machen, was wir von Anfang an vorhatten: Wir werden nach einer Aussprache unter allen, die an dem Miteinander tatsächlich interessiert sind, umgehend das Gespräch mit den Bürgern suchen. So wird es schon im Januar ein kommunalpolitisches Gespräch des Linksaktivs zu dem Thema geben, angefragt ist als Gast Frau Fritzsche-Schnick (CDU-Fraktionsvorsitzende). Das soll nur der Auftakt sein. Ich betone noch einmal: Das ist keine Reaktion, das haben wir gar nicht nötig. Die Fraktion DIE LINKE hat nicht über Nacht verlernt, die Bevölkerung an der Demokratie zu beteiligen.

 

In Zeiten der Populisten steht jedem frei, ob er wirklich wissen will, was passiert oder ob er jede Gelegenheit zum Nähren der eigenen Vorurteile über Politik nutzt.

 

Die Gemeindevertretung Neuenhagen bei Berlin ist bürgernah, willensstark, lösungsorientiert und jederzeit in der Lage, über die Parteibücher hinweg zusammenzuarbeiten. Es gibt viele Orte im Umfeld, die können viel von uns diesbezüglich lernen.

 

Den kleinen Rückschritt eines einzelnen Herren werden wir auch überstehen.

 

KOMMENTARE

Lieber Sven,

schön, dass du auf die Vorwürfe eingehst und sie nicht einfach unter den Tisch fallen lässt. Ich habe mir nun beide Seiten zu dem Vorwurf durchgelesen und muss feststellen, dass mir jedoch in deiner Begründung eine überzeugende Rechtfertigung der Nichtöffentlichkeit fehlt. Und worin genau besteht denn die "Lüge" von Herrn Scharnke? Es ist für mich absolut nachvollziehbar, dass die Öffentlichkeit genauso, wenn nicht sogar mehr an der Entscheidungsfindung interessiert ist als an den bloßen Abstimmungen, nach denen ja dann die Katze im Sack ist. Im besten Falle war es taktisch ungeschickt, ein quasi informelles parteiübergreifendes Beratungsgespräch in eine formelle Sitzung zu integrieren. Das hätte man dann vielleicht im Anschluss an die Sitzung machen sollen. Im schlechteren Falle widerspricht es eben der Transparenzabsicht des von dir befleißigten Paragrafen der K-Verfassung. Selbst wenn dieser mit dem "übergeordneten Wohl" so schwammig formuliert ist , dass man, wenn man keinen Formfehler gemacht hat, wahrscheinlich immer auf der rechtlich sicheren Seite ist. DAs ist aber m. E. nicht die entscheidende Frage. Wichtiger ist die Frage nach den für die Sitzung befürchteten Folgen, wenn die Einwohner im Saal geblieben wären. Unruhe oder Zwischenrufe mit Meinungsbekundungen? Auch wenn dies gegen die Sitzungsordnung verstößt, können dagegen sicherlich Ordnungsmaßnahmen ergriffen werden bzw. sollte man das in einem gewissen Rahmen aushalten können. Ich möchte gerne glauben, dass niemand mit bösen Absichten Politik betreibt, aber es bleibt dennoch beim Ausschluss der Öffentlichkeit immer ein Geschmäckle von Geheimniskrämerei, ob es berechtigt ist oder nicht.

 

Ansonsten freut es mich natürlich, dass die Öffentlichkeit im Januar weiter in den parteiübergreifenden Ideenfindungs- und Planungsprozess einbezogen werden soll.

 

Liebe Grüße U. Wegener


Lieber U. Wegener,

 

wir waren uns über die Wirkung durchaus bewusst. Es ist im Ausschuss diskutiert und abgestimmt worden. Ich finde es daher ein Unding, wenn man dann meint, sich nicht daran halten zu müssen. Der Schritt zur Kommunalaufsicht wäre ja möglich gewesen, Selbstjustiz ist kein Mittel des demokratischen Diskurses.

 

Ich möchte nicht noch mehr auf Herrn Scharnke eingehen, das schrieb ich oben bereits und dazu stand auch etwas in der MOZ heute (16.12.). Nur soweit, dass er mir fest zugesagt hat, den Artikel im laufe der Woche offline zu stellen und sich zu entschuldigen. Beides hat er nicht getan.

 

Was in der Politik tatsächlich stattfindet und was manch Bürger meint zu wissen - ja, dazwischen liegen sehr oft Welten. Wir möchten allerdings nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen und bei allem befürchten, "der" Bürger könnte uns falsch verstehen und im vorauseilendem Gehorsam besser nichts tun.

 

Ich habe die Eisenbahnstraße angeführt, der damalige Weg hat gerade nicht dazu geführt, dass es mehr Verständnis gab. Die Umfrage im Sommer war der beste Beweis: Ein Antrag viel zu spät, voller falscher Versprechungen und ohne eigene Ideen.

 

Bürger werden immer auf Ideen kommen, warum sie etwas nicht wollen. Das trifft komischer Weise immer dann ein, wenn es sie betreffen soll und nicht andere. Umgekehrt sollen sich "andere" nicht so haben und "die" Politik soll endlich mal was machen und "nicht nur quatschen".

 

Ich vertraue auf zwei Dinge: Überzeugen tun nur Ergebnisse und der gewillte Bürger informiert sich, vorurteilsfrei und aufgeschlossen. Davon gibt es in Neuenhagen wesentlich mehr, als die Wenigen, die es lediglich geschafft haben, sehr lauf zu sein.

LG Sven Kindervater


Alle Ausgaben unserer kleinen Zeitungen "Ansichten - Aussichten", "Bürgerzeitung" und "Im Gespräch" finden Sie hier

Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf