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Schulcampus am Gruscheweg – Enttäuschung über intransparentes Verwaltungshandeln

Auf der vergangenen Sitzung der Gemeindevertretung am 03.09.2020 wurde zu Beginn von mehreren Abgeordneten insbesondere der LINKEN, der CDU und der Bündnisgrünen starke Kritik am Vorgehen des Bürgermeisters Scharnke geübt. Auslöser war die Mitteilung der Vorsitzenden über ein Schreiben des Architekturbüros Numrich, Albert und Klumpp (NAK), in dem das Unverständnis über die Vertragskündigung für den Bau des Schulcampus am Gruscheweg ausgedrückt und begründet wurde.

Kündigung trotz eingehaltenen Kostenrahmens
Verbunden mit dieser Information war das Entsetzen bei vielen (allen?) Mitgliedern der Gemeindevertretung sowie den Befürwortern des Bildungscampus – Neuenhagen braucht dringend die neue Grundschule am Gruscheweg! – darüber, dass offenbar ohne Not mit dem über eine Tischvorlage des Bürgermeisters herbeigeführten Beschluss die bisherigen Planungen gestoppt wurden. Anders als im Zuge der Beschlussfassung dargestellt, hatte das Architektenbüro offenbar doch den Kostenrahmen von 33 Mio Euro eingehalten, nur dass der Bürgermeister Scharnke fleißig die alte, erste Planungssumme durch die Welt trug und selbst in der Juli-Ausgabe des „Neuenhagener Echo“ noch darüber schrieb, wie unverschämt hoch doch die Finanzplanung der Architekten gewesen sei.

In der Sitzung der Gemeindevertretung am 18.06. legte Bürgermeister Scharnke die Beschlussempfehlung als Tischvorlage vor, ohne vorherige Information oder Bereitstellung der überarbeiteten Planungsgrundlagen der Architekten. Dass hierzu offenbar seit dem 10.06. umfangreiche Unterlagen vorlagen, erschloss sich nun erst auf Basis des NAK-Schreibens. Die Vorsitzende drückte ihr Entsetzen über die Missachtung der Gemeindevertretung aus. Gegenüber der MOZ erklärte sie später: „Was nachwirkt ist das Agieren des Bürgermeisters, der nicht umfassend informiert hat. Der Gemeindevertretung wurde so verwehrt, den Sachverhalt mit allen vorliegenden aktuellen Informationen zusammenhängend zu erfassen und zu einer fundierten Entscheidung zu kommen. Die wäre vielleicht anders ausgefallen. Das wollte der Bürgermeister offenbar von vorn herein verhindern.

56 Millionen, ein langer Wunschzettel und die Frage nach der Kostensicherheit
Woher kommen die 56 Mio Euro? Auch auf Basis der NAK-Informationen kann man hier sagen, dass diese Summe als Ergebnis aller Aktualisierungen und Wünsche der Gemeinde zustande gekommen ist. Stand: Anfang Mai. Darin waren nicht nur alle Anforderungen aus dem Wettbewerb, sondern auch die nachträglich hinzugekommenen Aspekte. Zum Beispiel die größere Sporthalle (Beschluss der Gemeindevertretung), die Außenanlagen, die vorher nur zu einem Teil dabei waren, der vollständige Ausschluss der Doppelnutzung von Räumlichkeiten (im Wettbewerb war eine 30%-ige Doppelnutzung möglich), eine Flutlichtanlage und automatische Bewässerung der Rasenfläche des Sportplatzes, eine automatische Belüftungsanlage (die nicht nur entsprechende Haustechnik, sondern auch eine andere Raumhöhe erfordert, auch diese war nicht im Wettbewerb dabei). Und mittendrin eben Garderobenflächen von 540m², eine Mensa von 440m² (so groß wie der große Bürgerhaus-Saal mit Bühne), 2 Bibliotheken und 2 Lehrküchen (1x für die Schule und 1x für den Hort).
Wer sich im Projektmanagement solcher Vorhaben ein wenig auskennt, wird zustimmen, dass nach dem Zusammentragen aller Wünsche eine Prüfung und Anpassung erfolgt, nicht zuletzt auch mit Blick auf den finanziellen Rahmen, den man sich gesteckt hatte. Hier hat das Rathaus die Informationen so genommen, wie sie sind. Ohne Überarbeitung. Der Gemeindevertretung wurden die Planungsunterlagen mit der Summe von 56 Millionen Euro übergeben, die Einordnung der Projektsumme von 56 Millionen blieb aus. Leider. Seitdem machte der Bürgermeister Ansgar Scharnke ein bedenkenvolles Gesicht.

Später im gemeinsamen Bau- und Schulausschuss (Ende Mai) wurde dann zum Teil erkennbar, dass sich Architektenbüro und Rathaus offenbar doch in einem gemeinsamen Prozess der Überarbeitung der ersten Planung befanden. Bis zur Juni-Sitzung der Gemeindevertretung – so das gemeinsame Ziel – sollte diese Abstimmung beendet sein. Erst im Nachhinein erschloss sich nun, dass dieses Ergebnis auch erreicht wurde. Leider informierte der Bürgermeister nur unzureichend über den Planungsstand. Die neue Projektplanung wurde – durchaus abwertend – als „Spar- bzw. Supersparvariante“ betitelt, Kürzungen und Veränderungen wurden in einem negativen Zusammenhang gestellt, so z.B. unsere überdimensionierte Anforderung der Garderobenflächen von 540m². Hier wurde sinnvoll reduziert auf 130m², der Gemeindevertretung wurde dies jedoch als Defizit dargestellt.

Ebenso wie die Doppelnutzung von Räumen. Ganz ehrlich: Was wollen Sie denn z.B. mit zwei halben Bibliotheken in einer Schule mit 450 Kindern? In einem Gebäude, in dem die Gemeinde als Schulträger für die sächliche Ausstattung der Grundschule und als Kitaträger für die Ausstattung des Hortes zuständig ist. Selbst bei unterschiedlichen Verantwortlichkeiten dürfte wohl hier die Frage nach einem sorgsamen Umgang mit Ressourcen gestellt werden.

Auch der Zuschlag für den Generalunternehmer bedarf noch einer Betrachtung: 20% kommen hier als Aufschlag auf die Projekt- und Planungssumme hinzu, als besonderer Wunsch des Bürgermeisters, wie wir regelmäßig gehört haben. Enthalten in den 56 Mio Euro, waren auch sie nicht Teil des Wettbewerbs. Darüber hat die Verwaltung natürlich nicht aufgeklärt. Das wäre aber wichtig gewesen.

Ginge es nach den Architekten, könnte man das Geld für den Generalunternehmer auch einsparen. Schließlich können sie eine langjährige Erfahrung im Schulbau aufweisen und gemeinsam auch in der Projektumsetzung gegensteuern, sollte der Kostenrahmen in Gefahr sein. Nun hat der Einsatz eines Generalunternehmers sicher auch Vorteile, eine künftige Beauftragung war im Herbst 2019 auch Gegenstand in der Gemeindevertretung, allerdings war dies zum damaligen Zeitpunkt noch reichlich unkonkret. Das große Ziel des Bürgermeisters Scharnke „Kostensicherheit“ ist immer auch eine Frage des Preises, wie Dr. Klaus Obendorf (CDU), Bauingenieur und erfahrener Projektleiter großer Bauvorhaben und Mitglied im Bauausschuss, am Rande einer Sitzung sagte. Wer Kostensicherheit verspricht, übernimmt dafür ein Risiko, gegen das er sich nicht versichern kann. Also muss er es bewerten und dann auf seinen Preis draufrechnen. Und vollständige Kostensicherheit werde es nie geben können, so sehr wir uns das alle wünschen.  

Keine ausreichende Information der Gemeindevertretung
Im Rückblick der Sitzungen muss man nun konstatieren, dass die Verwaltung zu keinem Zeitpunkt deutlich gemacht hatte, dass die gesammelten Wünsche zum Schulcampus nicht Teil der ursprünglichen Ausschreibung waren. Viele Abgeordnete gingen davon aus, dass es sich um die Planung anhand des Siegerentwurfes gehandelt hat und dass dieser sich nun exorbitant verteuert hatte. Zurecht hielt sich unser aller Verständnis in Grenzen.

Ohne umfassende Kenntnis der überarbeiteten Planungsunterlagen musste die Gemeindevertretung am 18.06. entscheiden. Der Bürgermeister hatte zwar die Unterlagen von NAK entgegengenommen und ihnen gegenüber mitgeteilt, dass er die geänderte Planung der Gemeindevertretung vorstellen würde. Und wenn dann die Zustimmung vorliege, solle der Bauantrag im September eingereicht werden. Nun ja – das Ende ist bekannt.

Aus Sicht der Fraktion war es unvorstellbar, dass zusammenhängende Informationen und Unterlagen nicht bereitgestellt werden. Wonach hätten die Mitglieder der Gemeindevertretung denn fragen sollen? Wenn sie nicht wissen, welche Unterlagen vorliegen? Dazu noch der vermittelte Zeitdruck: Es müsse unbedingt jetzt entschieden werden, weil sonst noch mehr Zeit verloren ginge.

In der Sitzung der Gemeindevertretung am 03.09. stellte die Vorsitzende des Schulausschusses die Existenz ihres Fachausschusses gleich ganz in Frage. Konsequenterweise muss die Frage erweitert werden. Auf welcher Basis soll die Gemeindevertretung und soll unsere Fraktion künftig arbeiten, wenn wir uns nicht darauf verlassen können, dass der Bürgermeister der Informationspflicht nachkommt und ein transparentes Verwaltungshandeln erfolgt? Leider haben wir auf diese Frage bisher keine Antwort.

Nächste Schritte
Wie geht es weiter? Noch im Sommer hat die Verwaltung die Vergabe für die Erstellung einer funktionalen Leistungsbeschreibung vorgenommen. Ohne Fachausschüsse. Ohne Gemeindevertretung. Ein Beschluss war nicht nötig, außerdem würde es nun ganz schnell gehen. Dass die Gemeindevertretung in ihrer Sitzung am 18.06. explizit geäußert hat, über das weitere Vorgehen gesondert beraten und abstimmen zu wollen, wird ausgeblendet. Wie ein neues mögliches Verfahren aussehen könnte, darüber gibt die Mitteilungsvorlage des Bürgermeisters vage Auskunft. Ansgar Scharnke (Bürgermeister) möchte nun keinen Generalunternehmer, sondern gleich einen Generalübernehmer. Damit werde alles gut. Eine Beschlussvorlage, auf deren Basis unsere Fraktion, die Fachausschüsse und ebenso die Gemeindevertretung den Verfahrensvorschlag berät und ihm ggf. zustimmt, gibt es nicht. Ob es gestalterische oder weitere konzeptionelle Ansätze gibt, wissen wir nicht. Oder: Wir (!) wissen jedenfalls nichts davon.

Parallel geht die Planung des Neubaus der Förderschule am Gruscheweg weiter. Hier ist der Landkreis der Bauherr, man liege mit dem Architektenbüro NAK im Zeit- und Kostenrahmen, so heißt es. Dafür hat die Gemeindevertretung nun den erforderlichen Bebauungsplan beschlossen, mit durchaus noch offenen Fragen zur Abwägung. Allerdings wird der B-Plan nun erst einmal ausgelegt, so dass diese noch einmal geprüft werden könne.

Wird nun die neue Schule kostengünstiger? Günstiger als 33 Mio Euro? Zunächst haben wir ja einige Zusatzkosten, die aus dem Planungsstopp entstehen. Die bisherigen Planungen werden nicht weiter verfolgt, wir haben Zeitverzug und müssen so evtl. „in der Luft hängende“ Schul- und Hortplätze überbrücken. „Zu Null“ wird das wohl nicht gehen.

Die Fraktion DIE LINKE wird sich dafür einsetzen, dass die Einsparpotenziale nicht in der pädagogisch sinnvollen Konzeption der Schule gefunden werden. Wir können am Gruscheweg nicht einfach eine einfache Grundschule bauen, die weder einer zukunftsorientierten pädagogischen Arbeit entspricht, noch architektonisch ansprechend aussieht. Dann sollten wir besser den einen oder anderen Straßenausbau verschieben. Wir werden vor allem darauf achten, dass auch für eine evtl. Überbrückungszeit gute Lernbedingungen geschaffen werden und für die Nachmittagsbetreuung nicht irgendeine, sondern eine gute Lösung gefunden wird. Engagierte Mitstreiter*innen sind herzlich eingeladen!


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf