Diese Website verwendet Cookies.
Zum Hauptinhalt springen

Sven Kindervater

Neuenhagen im Wandel

Die Politik sieht sich dieser Tage schweren Vorwürfen ausgesetzt. Das hat auch Auswirkungen bis nach Neuenhagen. Doch es liegen große Aufgaben vor uns. Offene Worte zur Situation unserer Gemeinde.

Die Politik sieht sich dieser Tage schweren Vorwürfen ausgesetzt. Das hat auch Auswirkungen bis nach Neuenhagen. Doch es liegen große Aufgaben vor uns. Offene Worte zur Situation unserer Gemeinde.

 

Liebe Neuenhagenerinnen
und Neuenhagener,

 

unserer Demokratie geht es nicht gut. Wenn ein Linker diesen Satz dieser Tage schreibt, dann denken viele, jetzt folgt der ganze Unmut über die AfD, Pegida und Co. Das Thema Asyl zieht sich durch alle Kreise. Doch wie uns die allermeisten Studien zeigen: Gefragt, ob es individuell zu Verschlechterungen aufgrund der Asylsuchenden kam, verneinen dies teilweise deutlich über 90%. Übersetzt heißt das: Das Thema Flüchtlingskrise mag ein Ventil sein, aber es geht im Kern doch um etwas ganz Anderes.

 

Kein Vertrauen in Politik

Es geht um Vertrauen. Die Politik sieht sich dieser Tage enormen Vorwürfen gegenüber. Wenn in Sachsen-Anhalt 77% die AfD nur als Denkzettel gewählt haben und eben nicht wegen ihrer politischen Forderungen, dann muss Politik verstehen, dass es eben um diesen Denkzettel geht und weniger um die Inhalte. Es geht um den grundsätzlichen Wunsch nach Veränderung und einen Weg, dies mit dem Wahlzettel auszudrücken.

 

Die repräsentative Demokratie funktioniert nur, wenn sich der Souverän auch repräsentiert fühlt. Und das tut er immer weniger. Politik wird zu „denen da oben“, „die da unten“ haben nichts mit ihr zu tun. Nun könnte ich schimpfen, dass das doch gar nicht so ist. Dass es nach meiner Erfahrung gar nicht so schwer ist, mit verantwortlichen Politikern ins Gespräch zu kommen, egal auf welcher Ebene, egal von welcher Partei.

 

Ich könnte auch schreiben, was es alles für Möglichkeiten gibt, sich als Bürger in die Gemeindepolitik einzubringen. Wie unsere Einwohnerbeteiligungssatzung, einmalig im ganzen Land Brandenburg, viele neue Möglichkeiten bietet und es so viel Mitbestimmung gibt, wie noch nie. Wie man manchmal aber auch merkt, wenn Gemeindevertreter ob leerer Stühle in den Ausschüssen enttäuscht sind und man immer nur dann angeschrieben wird, wenn jemand richtig wütend ist – nicht selten, weil er nicht alle Umstände kennt.

 

Ich möchte aber nicht schimpfen. Ich möchte wirklich etwas tun. Ich möchte etwas ändern. Dabei geht es mir zuallererst um die Kommunikation. Wir alle, so wir es denn wollen, müssen die Möglichkeit haben, Teil der Politik werden zu können. Konkret hier in Neuenhagen geht es um das Zusammenwirken von Gemeindeverwaltung, Gemeindevertretung und natürlich die Bürgerschaft. Doch bevor jetzt jeder seinen Eindruck schildert und wir uns am grünen Tisch Lösungen einfallen lassen, die vielleicht gar keine sind, möchte ich einen Schritt zurückgehen.

 

Über die Freie Universität habe ich die tolle Möglichkeit, gemeinsam mit Prof. Dr. Thurid Hustedt an einem Projekt zu arbeiten, wo wir genau dieses Verhältnis von Gemeindeverwaltung, Gemeindevertretung und Bürgerschaft untersuchen wollen (siehe hier). Ich werde darauf basierend auch endlich meine Abschlussarbeit schreiben. Daher würde ich mich sehr freuen, wenn auch Sie dort mitmachen.

 

Es geht darum, wie wir in Neuenhagen ein gutes Miteinander erreichen können. Daher soll das Ergebnis der Studie natürlich auch für alle einsehbar sein. Es geht um gemeinsame Erkenntnisse, die in gemeinsame Politik münden. Die wird es auch brauchen.

 

Neuenhagen verändert sich

Neuenhagen steht vor Veränderungen. Mittlerweile haben wir den 18.000. Einwohner begrüßt und zwar nicht als Zugezogenen, sondern ein Eigengewächs. Mittlerweile leben in unserer Gemeinde mehr Menschen, die nach der Wende zu uns gekommen sind, als davor und in gar nicht allzu langer Zeit werden es auch doppelt so viele sein. Bis 2040 prognostiziert man, dass von derzeit einem Drittel dann jeder zweite Brandenburger im Speckgürtel leben wird. Die Grundstückspreise explodieren und auch die Anforderungen an den Ort wachsen. Die Zeiten des stillen Orts mit Bürgerschenke und Feldwegen sind vorbei. Das, was kommt, muss durch uns nun gestaltet werden – sonst kommt es trotzdem, aber anders und nicht in unserem Sinne. Wir haben über 25 Jahre gezeigt, dass wir den Ort in prosperierende Bahnen lenken können. Mit all den Widersprüchen, unterschiedlichen Ansätzen und Emotionen. Denn wie immer ist nichts so beständig wie die Veränderung. 

 

Schlagen wir das neue Kapitel unseres Ortes nicht mit der Angst vor dem Fremden, nicht mit dem Hass auf das Andere und nicht mit der Flucht in das Alte gleich wieder zu. Begegnen wir ihm mit der Freude am Miteinander, mit der Neugier am Unerwarteten und der Gewissheit um das Beste für uns alle. Wo wir einander zuhören, wo wir keine Verlierer produzieren und wo wir voneinander lernen, an dessen Ende entsteht dann auch das, was wir wirklich wollen.

 

 

Dieser Artikel erschien in unserer aktuellen Ausgabe der Ansichten-Aussichten.


Alle Ausgaben unserer kleinen Zeitungen "Ansichten - Aussichten", "Bürgerzeitung" und "Im Gespräch" finden Sie hier

Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf