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Keine Koalition mit SPD und Grünen

Der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky hat sich gegen eine mögliche Koalition mit SPD und Grünen nach Neuwahlen ausgesprochen. Er spreche sich eindeutig für die Opposition aus, sagte Bisky. Alles andere wäre "unehrlich", denn die PDS attackiere die Sozialgesetzgebung der rot-grünen Regierung. Guten Morgen, Herr Bisky.
Guten Morgen, Herr Ostermann.

Rechnen Sie in Ihrer Partei auch mit einem so eindeutigen Votum wie jetzt in Kassel?
Ich rechne damit, dass wir ein eindeutiges Votum bekommen. Ich verstehe Bedenken, weil die PDS ja ihren Namen in schwierigen Zeiten behauptet hat, aber die Vernunft und das Ziel, dass die Linke in Deutschland wieder kräftiger wird, ich glaube, dass wird die meisten Delegierten zu dem Parteitag überzeugen. Es sind einfach schlagfertige Argumente, die dafür sprechen und da bin ich nicht bange, dass das nicht verstanden wird.

Es ist eine Vernunftehe. Welche Argumente sprechen für diese Vernunft- und nicht Liebesehe?
Liebesfragen kläre ich lieber nicht in der Partei. Ich möchte nur auf eines aufmerksam machen, Parteien sind Zweckbündnisse von Menschen und wenn zwei versuchen, sich zusammen zu tun, auch auf diesem Gebiet, zwei linke Parteien, dann ist das auch eine Frage der Vernunft, man muss sich da nicht unbedingt lieben. Das ist in der Politik so. Ich arbeite seit längerer Zeit, fällt mir zu meinem Erschrecken ein, seit 15 Jahren, in der Politik, aber ich suche mir nicht nach erotischen Beziehungen die Partner aus, aber ich muss genau überlegen, was kann ich mit wem tun und zu welchem Zwecke. Das ist das Entscheidende. Ich glaube, wir gehen eine Vernunftehe ein für ArbeitnehmerInnen, für Arbeitslose, für die sozial Benachteiligten der Gesellschaft, auch der Renterinnen und Rentner. Das lohnt schon eine Vernunftehe.

Aber passen die beiden Parteien wirklich zusammen? Wenn man davon spricht und davon hört, dass Teile der WASG kritisieren, dass die PDS letztlich ihre Geschichte noch nicht aufgearbeitet hat?
Das Argument höre ich wohl und ich kann allen nur empfehlen, sich die über 20 Bücher, die die PDS inzwischen zur Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte herausgegeben hat, zu lesen. Da kann niemand mehr ernsthaft das behaupten. Was bleibt, ist eine mögliche Differenz mit Bezug auf die DDR, die ja auch unterschiedlich zwischen verschiedenen Generationen gesehen wird, zwischen verschiedenen Menschen, die dort gelebt haben, einige, die dagegen waren, einige, die dafür waren, einige, die von der DDR profitiert haben, andere, denen was genommen wurde und so weiter und so fort. Wir sehen die DDR vielleicht differenzierter, aber dass wir uns nicht kritisch mit der DDR auseinandergesetzt hätten, das kann ich als ernsthaftes Argument nicht mehr akzeptieren.

Sie wollen, so das erklärte Ziel, auch die verunsicherten Wähler, die nach rechts abgedriftet sind, ansprechen. Ist das nicht eine Gradwanderung?
Wir haben zu Zeiten, als die noch die Steine auf uns geworfen haben, besonders auf Gysi, der sie ja magisch angezogen hat, zu den Zeiten haben wir gesagt, wir werden ganz hart gegen die Demagogen kämpfen, gegen die Funktionäre dieser rechtsextremen Parteien. Da gibt es keinen Millimeter Abweichung davon. Aber wir wollen auch versuchen, Jugendliche aus ihrem Umfeld mit Argumenten zu gewinnen und in harten Auseinandersetzungen, aber zu gewinnen. Denn, wenn ich davon ausgehen würde, dass jeder, der in der Nähe der Rechtsextremen auftaucht, ein Faschist ist, der nicht zurückholbar wäre, dann würde ich schon in die Emigration gehen, denn das wären verdammt viele Menschen. Deshalb ist die Frage, wie setzen wir uns wirksam damit auseinander. Da gehen wir mit allen demokratischen Parteien gegen sie vor, ganz hart, aber bitte nicht die Menschen, die da möglicherweise verirrt, verführt sind, allein zu lassen. Das will ich gesagt haben und zum Zweiten möchte ich hinzufügen, ich komme und bekenne mich zu einer Tradition des Antifaschismus und dabei bleibt es. Meine Erzieher waren Antifaschisten, der Antifaschismus in der DDR war einseitig, aber es war ein Antifaschismus. Wer sozusagen von Leuten erzogen wurde, die in Konzentrationslagern gesessen haben, der kommt nicht so schnell in die Versuchung, mild gegenüber den Rechtsextremen zu sein.

Nun befürworten alle die Notwendigkeit von Hartz IV, das heißt, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Wollen Sie wieder zurück zum alten Zustand oder anders herum, wohin wollen Sie?
Das Zusammenlegen ist nicht das Problem, das Problem ist, Hartz IV ist einfach ein ganz schlechtes Gesetz, weil dort viele Ungerechtigkeiten drin sind, weil das Ziel nicht erreicht wird, nämlich Arbeitsplätze zu schaffen, das hören wir seit einem Jahr, irgendwann kommen die und weil es schlichtweg mehr als zehn Milliarden teurer ist. Es hat keine Ersparnisse gebracht wie vorgesehen, es hat keine Arbeitsplätze vermittelt wie vorgesehen, es hat tausend Fehler sozusagen wie es umgesetzt werden soll. Es ist ein Gesetz, das kann weg und man kann die Zusammenlegung vernünftig behalten, aber nicht nur wieder zu Lasten der sozial Betroffenen. Das ist ja unsere Hauptkritik, dass wir sagen, die, die ohnehin in unserer Gesellschaft wenig haben, werden mit der Agenda 2010 insgesamt, aber auch vor allem mit der Hartz-Gesetzgebung noch einmal schlechter gestellt. Wir wollen eine gleichmäßige Umverteilung der Kosten für die Reformen des Sozialstaates.

CDU und FDP gehen davon aus, dass es bei einer rechnerischen Mehrheit von SPD, Grünen und Linkspartei auch zu einer Koalition kommt. Schließen Sie das aus?
Ja. Also, ich werde das nicht mitmachen können, weil es unehrlich wäre. Ich bleibe bei einer ganz eindeutigen Oppositionsaussage. Wir sind als Opposition wichtig, ob Rot-Grün regiert oder ob Schwarz-Gelb regiert, denn eine linke Opposition muss in diesen Bundestag und muss die Interessen der ArbeitnehmerInnen und der Arbeitslosen, muss die Interessen der kleinen Leute vertreten und dabei soll es bleiben. Da sehe ich überhaupt keinen Grund zusammenzugehen. Mit dem Kanzler wäre es schwer, falls er denn gewinnen sollte, denn wie könnten wir uns dann in Bezug auf seine Sozialgesetzgebung, die wir ja gerade attackieren im Wahlkampf, wie sollten wir da zusammenkommen? Mit der CDU verbietet sich das ohnehin, sie werden Hartz IV oder ähnliche Dinge nur noch schärfer formulieren, die Umverteilung von unten nach oben forcieren.

Moderation: Hanns Ostermann

Deutschlandradio Kultur, 04.07.2005


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf