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Sven Kindervater

Gemeindefinanzen: Grundsatzdebatte dringlich

Da geht das neue Jahr ja gut los: Die Gemeinde Neuenhagen bei Berlin hat deutlich mehr Geld auf der „hohen Kante“ als gedacht. Unerwartet hohe Steuereinnahmen lassen die Gemeindekasse klingeln. Doch was jetzt für große Investitionen zur Verfügung steht, fehlte im Alltag der vergangenen Jahre. Hat das Rathaus unnötig hart gespart?

Da geht das neue Jahr ja gut los: Die Gemeinde Neuenhagen bei Berlin hat deutlich mehr Geld auf der „hohen Kante“ als gedacht. Unerwartet hohe Steuereinnahmen lassen die Gemeindekasse klingeln. Doch was jetzt für große Investitionen zur Verfügung steht, fehlte im Alltag der vergangenen Jahre. Hat das Rathaus unnötig hart gespart?

 

Der Gemeinde Neuenhagen bei Berlin geht es gut. Hatten wir beispielsweise 2010 noch Steuereinnahmen von rund 10 Mio €, werden es bis 2020 nach derzeitigen Schätzungen des Rathauses fast 17 Mio € sein. Doch muss das noch nicht bedeuten, dass wir tatsächlich mehr Geld haben.

 

Denn Fakt ist: 2020 werden wir ganz andere Gehälter zahlen als 2010, etwa bei den KITAs. Da wir einen Bevölkerungszuwachs von 15.000 auf 20.000 (Aktuell: 18.000) erwarten, wird es auch mehr Personal und Investitionen in die Infrastruktur brauchen. Die Baufirmen, ob nun beim Bau von Schulen oder der Reparatur von Straßen, werden mehr für ihre Mitarbeiter und Rohstoffe verlangen, die Straßen- und Grünpflege wird teurer.

 

Das sind nur Beispiele, die klarstellen sollen: Damit wir den Ist-Stand der geschaffenen Werte und die sozialen Leistungen aufrechterhalten können, braucht er jedes Jahr mehr (!) Geld. Da die Gemeinde auch der größte Arbeit- und Auftraggeber ist, profitieren hier ganz konkret alle davon.

 

Gewerbesteuer ist Schlüssel

Aber Neuenhagen muss bei 25% mehr Einwohnenden auch in seine Zukunft investieren. Seit vielen Jahren zeigt es sich, dass die Gewerbesteuer dabei eine herausgehobene Rolle spielt: Wenn diese sprießt, sind auch Gelder für Investitionen da. Bleibt sie aus, ist oftmals nicht mal Geld für freiwillige Aufgaben wie Bibliothek oder Freibad da.

An eigenen Steuerquellen gibt es im Wesentlichen die Grundsteuer und die Gewerbesteuern. Hinzukommen die kommunalen Anteile an der Umsatz- und der Einkommensteuer. Die Steuereinnahmen hängen also von vielen Faktoren ab, bei denen niemand in die Glaskugel schauen und bestimmen kann, was 2020 sein wird.

In den vergangenen Jahren mussten die Prognosen nun regelmäßig vor allem aufgrund der Gewerbesteuer nach oben korrigiert werden. Das fließt in den sogenannten Zahlungsmittelbestand, unsere Rücklage, und das ist auch der Punkt, bei dem es mehr als Diskussionsbedarf gibt.

 

Explosion der Einnahmen

Für 2016 gibt es noch keine genaue Abrechnung. Aber schauen wir doch zunächst erst einmal, womit in den letzten Jahren gerechnet wurde. 2013 hieß es, man würde bis 2016 noch ca. 650.000€ auf der „hohen Kante“ haben. Ein Jahr später korrigierte man es schon auf ca. 4 Mio €. Im Winter 2015 passte man es erneut an auf ca. 6,7 Mio €. Bei den Haushaltsberatungen im November 2016 berichtete die Kämmerin von einem Ist-Stand von etwas über 16 Mio €. Der letzte gemessene Stand ist das Ergebnis von 2015 und das beträgt fast 21 Mio €. Das kann man getrost als Explosion bezeichnen.

Nun gibt es einige Gründe: Neben der Tatsache, dass man manche Größen wie etwa die Gewerbesteuern eben nicht planen kann, gab es einige Vorhaben wie etwa den Ausbau der Ernst-Thälmann-Straße, die zwar geplant aber nie ausgeführt wurden. Auch sind Stellen in der Verwaltung offengeblieben und Bauvorhaben wie die neue deutsch-polnische KITA bekamen unerwartet Fördermittel. Doch das kann als Begründung nicht ausreichen.

 

Sparen kann schlecht sein

Die Kämmerin betont gerne immer wieder, dass sie lieber etwas zu vorsichtig plane. Auch der Bürgermeister Jürgen Henze sagte im Finanzausschuss: „Aber sparen ist doch nichts Schlechtes!“ Nun, wer mag ihm da widersprechen? Aber es gibt einen Unterschied zwischen „vorsichtig planen“ – und hamstern!

Denn es ist ja nicht so, dass alle Produkte stets ausreichend finanziert sind. So klagt der zuständige Fachbereich, dass für die Pflege der Parks und Bäume im Ort regelmäßig zu wenig Gelder eingestellt sind. Wer mal im Park im Gruscheweg war, wird das bestätigen können. Aufwendig investiert die Gemeinde dort nun eine halbe Million für Schäden, die durch mangelnde Pflege entstanden sind. Immerhin sollen in die Pflege unseres Ortsgrüns nun statt 60.000€ künftig 250.000€ fließen.

Das ist nur ein Beispiel, um zu verdeutlichen: Sparen kann durchaus etwas Schlechtes sein. Es nützt nichts, dass wir etliche Millionen für Bauvorhaben auf dem Konto rumlungern haben, wenn viele kleine Summen ganz konkret im Alltag gebraucht werden.


Das Geld gehört den Neuenhagenern und nicht dem Rathaus

Auch verwundert es, wenn manchmal bei kleinsten Beiträgen wie der Senkung von Kitagebühren in Höhe von 150.000€ der Bürgermeister sagt: „Da zeigen Sie mir bitte erst einmal, wie Sie das finanzieren wollen, Herr Kindervater!“ Auch die Frage, ob ein Hallenbad überhaupt zu stemmen sei, wirkt dann unfreiwillig komisch.

Alle Fraktionsvorsitzenden sollten sich im Frühjahr 2017 Zeit für eine Grundsatzdebatte über die künftige Ausrichtung des Gemeindehaushaltes nehmen. In dieser Debatte gehört auch, warum Neuenhagen bislang darauf verzichtet, die Niedrigzinsphase, die nach jüngsten Beschlüssen der EZB auch 2017 weitergeht, zur Finanzierung seiner wachsenden Investitionsbedürfnisse zu nutzen.

Es ist ein gutes Zeichen, dass wir diese Diskussionen überhaupt führen können. Wir werden demokratisch in der Lage sein, unseren Ort weiterzuentwickeln und jedes Jahr ein Stück lebens- und liebenswerter machen können. Aber dann müssen wir diese Diskussion jetzt auch wirklich und intensiv führen.

 

Dieser Beitrag erschien in unserer aktuellen Ausgabe der "Ansichten-Aussichten".


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf