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Sven Kindervater

Eisenbahnstraße: Wo (k)ein Wille ist... + 2 Kommentare

Die Debatte um die Eisenbahnstraße erhitzt seit langem die Gemüter. Nach der Entscheidung der Gemeindevertretung vom 23. April, den vom Bürgermeister Jürgen Henze favorisierten Entwicklungsvorschlag von Holst City Projekte abzulehnen, war die Aufregung und das Unverständnis zunächst groß.

Die Debatte um die Eisenbahnstraße erhitzt seit langem die Gemüter. Nach der Entscheidung der Gemeindevertretung vom 23. April, den vom Bürgermeister Jürgen Henze favorisierten Entwicklungsvorschlag von Holst City Projekte abzulehnen, war die Aufregung und das Unverständnis zunächst groß. Die Abstimmung fiel denkbar knapp aus. 13 Gemeindevertreter stimmten für Henzes Vorlage, 14 dagegen.

 

Der Entwicklungsvorschlag der Holst City Projekte favorisiert einen Drogeriemarkt mit mindestens 650 m² Verkaufsfläche zzgl. Nebenflächen. Schon auf der letzten Sitzung des Bauausschusses wurde das abgelehnt. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass die die Kollegen der CDU, SPD und der Grünen, trotz Zustimmung fast ausschließlich diversen Nachbesserungsbedarf artikulierten. 

 

Bei allem, was man sich erhofft hatte, blieb: Der Verkehr ist das Fundament. Man kann auch noch so tolle Ideen für ein Haus haben, ohne Fundament bricht alles zusammen. Da ist es dann auch besonders verwunderlich, wenn an der Beschlussvorlage über Monate gearbeitet wird, aber zum Thema Verkehr immer nur ein „das wird schon“ von Seiten der Verwaltung kommt. Wenn uns dann noch vorgeworfen wird, es gäbe ja Pläne, die setze nur keiner um, stellt man sich endgültig die Frage: Was macht die Verwaltung hier mit uns? Was, wenn durch den neuen Gruscheweg noch mehr Autos in den Ort ziehen? Was ist, wenn die Schranken doppelt so oft schließen, da die S-Bahn nach wie vor den 10-Minuten-Takt anstrebt? Sind wir die Unvernünftigen, weil wir darauf Antworten haben wollten?

 

Generell ist festzuhalten, dass nicht die Gemeindevertreter sehr gespalten waren, sondern dass wir zu einer unausgegorenen Abstimmung gezwungen wurden. Das Rathaus und vorne weg der Bürgermeister haben auch die Aufgabe zu vermitteln. Zumindest in Neuenhagen ist es der Normalfall, dass auf Uneinigkeit in den Ausschüssen das Ausbalancieren und Nachbessern folgt. Das blieb diesmal aus. Dabei wäre es möglich gewesen: Der Drogeriemarkt war doch nur ein Teil des Gesamtplans, bei allen anderen Aspekten sind sich die Abgeordneten einig.  Doch Henze suchte nicht den Kompromiss, bis zuletzt setzte er alles auf eine Karte, telefonierte noch am Abstimmungstag Gemeindevertretern hinterher – und verlor. Diese Niederlage ist nicht die der 13 Ja-Stimmen, es ist allein seine.

 

Dabei hat das schon einmal nicht geklappt: Als es um den Ausbau der Ernst-Thälmann-Straße ging, gab es ursprünglich drei Entwürfe. Henze ließ zwei unbeachtet und löste einen großen Bürgerprotest aus. Auch hier war das Ergebnis eine Abstimmungsniederlage. Seitdem lässt er verkünden: „Das Thema fasse ich nicht mehr an.“ Wer dann noch zuhört, bekommt aufgezählt, wer damals alles böse war. Vor Gewerbetreibenden und im Neuenhagener Echo schimpft er über untätige Gemeindevertreter – und verschweigt all die Sonderschichten, die wir rund um diese Themen eingelegt haben und das als Ehrenamtsparlament! Er verdreht Meinungsverschiedenheit mit Faulheit und ist zu klug, um nicht zu wissen, was er da tut. Wie lange soll das so weitergehen? Noch drei Jahre will er Bürgermeister sein – sollen das Jahre des Stillstands und der Schuldzuweisungen werden?

 

Fraktionsübergreifend haben wir uns bereits verständigt, weiterzuarbeiten. Gemeindevorsteherin Ilka Goetz hat sich nun die Ernst-Thälmann-Straße vorgeknöpft, gemeinsam mit Klaus Ahrens werde ich unsere beiden Ausschüsse noch vor der Sommerpause zur Eisenbahnstraße zusammenrufen. Einzig die SPD hat für sich die Planungen als gescheitert ausgerufen und sprach von einem entsetzlichen Ende. Aber das muss sie erklären. Es gibt konkrete Ideen, auch von Inves-toren und die Meinungen sind klar. Jetzt gilt es zu konkretisieren und abzuwägen. Wir streben noch vor Ende des Jahres klare Beschlüsse an und erklären unsere Bereitschaft zur Mitarbeit an alle, die das teilen.

 

Dabei braucht sich auch niemand sorgen machen, die Gemeindevertreter wüssten nicht um den dringenden Bedarf einer entsprechenden Drogerie. Nur 200m weiter am Rosa-Luxemburg-Damm bietet uns ein Investor an, einen Komplex mit einem Biomarkt und einer Drogerie zu errichten. Das Gelände hat er schon, das Verkehrsgutachten ebenso und den Rahmenplan hat die Gemeinde schon 2013 beschlossen. In der Diskussion um die Eisenbahnstraße forderte die CDU derweil eine Verkleinerung der Drogerie zugunsten kleiner Läden. Aber für uns ging es eben nicht darum, Hauptsache eine Drogerie in die Eisenbahnstraße, wir wollten schlichtweg eine gute Drogerie für Neuenhagen. Und die kommt.

 

KOMMENTARE

Nun sind die Messen gesungen und das Projekt wird wohl so durchgedrückt - schade, dass DIE LINKE so von ihrer urprüglich guten Meinung abgerückt ist und in kuscheliger Einmütigkeit mit der CDU geht. Hätten die Gemeindevertreter von Anfang an klargemacht, dass ein Drogeriediscounter an diesem Platz nicht erwünscht ist - hätte sich ein Rossmann auch am LIW angesiedelt - wie sagt man so schön: lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Stattdessen präsentiert man einer Großkette das Filetstück auf dem Silbertablett und opfert dafür wieder ein Stück altes Neuenhagen in Form des Eisenbahnerhauses - eigentlich traurig für linke Politik. Der Knaller war zudem auf der letzten Ausschußsitzung, dass man Edeka (Lebensmittel) die Ansiedlung am LIW anbieten wolle - aber es einer Drogerie (ohne Lebensmittel) nicht zuzumuten ist in der Nahe des "verseuchten " Gewerbehofes sich anzusiedeln (Worte des Bürgermeistes). 


[Rechtschreibung korrigiert]

Anonym, 18.02.2016



Sehr geehrte Leserin oder geehrter Leser,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Sicher können Sie verstehen, dass wir die Dinge anders beurteilen. Durchgedrückt wurde hier gar nichts und sicher hat sich DIE LINKE nicht an die CDU herangekuschelt. Es ging nicht darum, dem Frieden zuliebe Blödsinn zu beschließen. Es ging vielmehr darum, dass es zwei grobe Aspekte gab: Wirtschaftlichkeit und Verkehrstauglichkeit. Ersterer war klar in der Eisenbahnstraße gegeben, Letzterer klar am Rosa-Luxemburg-Damm.

Mit dem Kompromiss, an dem Vertreterinnen von SPD, CDU, GRÜNE und LINKE gearbeitet haben, wurden diese Punkte in Einklang gebracht. So ist nun eine Drogerie in der Eisenbahnstraße möglich, ohne den Verkehr zu stark zu belasten. Der Standort Rosa-Luxemburg-Damm hatte einfach nicht mehr genügend Vorteile in der Hand.

Es stimmt, ein Stück Geschichte muss weichen. Man mag mir mit Ende Zwanzig aber auch verzeihen, wenn ich sage: Es wird ja keine Ritterburg gesprengt. Es geht um ein Wohnhaus, was so kaum noch einem allgemeinen Nutzen zugeführt werden kann. Diesen wollten wir aber als Eigentümerin anstreben. Auch hier überwiegen nun die Vorteile. Das Zentrum einfach nur mit ein paar Wohnhäusern zu versehen, ist weder zeitgemäß noch im Sinne einer guten Entwicklung des Ortes.

Zu keinem Zeitpunkt hatten wir eine feste Zusage von Rossmann für einen anderen Standort. Vielmehr war es so, dass der Investor des LIW-Geländes zuletzt eher mit anderen Firmen in den Kontakt trat und von der Idee einer Drogerie Abstand nahm. So gab es nur noch einen Ort für eine mögliche Drogerie: Die Eisenbahnstraße.

Wenn die großen Probleme gelöst sind und die Alternative keine mehr ist, dann stimmt man zu. Es mag für manch einen ungewohnt sein, dass Politik auch im Miteinander, im Zuhören und im Finden von Kompromissen funktioniert. Ich bin aber der Meinung, dass das die deutlich bessere Variante ist. Denn so ist es manchmal möglich, doch die Taube zu erreichen.

Sven Kindervater, 26.02.2016


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf