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Angela Kann

Ein Geschäft mit Geschmäckle: Neues von der Eisenbahnstraße

Viele Neuenhagenerinnen und Neuenhagener wünschen sich einen neuen Drogeriemarkt an der Eisenbahnstraße. Doch je mehr Details über die Umsetzung des Projektes aus dem Rathaus an die Öffentlichkeit gelangen, desto größer wird die Skepsis.

Viele Neuenhagenerinnen und Neuenhagener wünschen sich einen neuen Drogeriemarkt an der Eisenbahnstraße. Doch je mehr Details über die Umsetzung des Projektes aus dem Rathaus an die Öffentlichkeit gelangen, desto größer wird die Skepsis. Auf der zurückliegenden Sitzung der Gemeindevertretung (GVT) ging es erneut um den Kaufpreis. Corinna Fritzsche-Schnick (CDU) und Sven Kindervater (LINKE) hatten dazu einen Fragekatalog vorgelegt. „Warum soll bei einem ermittelten Bodenwert von 150 Euro pro m² ein Verkaufspreis von nur 104,5 Euro pro m² verlangt werden?“, fragten die beiden Fraktionsvorsitzenden und sei dies etwa ein „politisch-motivierter Unterwertverkauf?“

 

Dass dieser Vorwurf mit einiger Empörung seitens des Bürgermeisters zurückgewiesen wurde, ist für mich nicht nachvollziehbar. Denn auf weitere Nachfragen aus der GVT musste die Verwaltung zugeben, ddass die Gemeinde bislang rd. 626.000 Euro investiert. Die grundstückbezogene Kosten (Kaufpreis, Abriss- und Entsorgung, Baumfällungen) betragen vorbehaltlich der Schlussrechnung für die Abwassergrube rd. 544.000 Euro. Vom Investor werden jedoch nur ca. 516.000 Euro Kaufpreis verlangt. Noch weniger nachvollziehbar ist, warum bei anderen Problemen, die nur über Investitionen zu lösen sind (etwa bei der Regenentwässerung), durch Frau Meyer-Klepsch gerne auf Geldmangel verwiesen wird, hier aber einem Investor ein politisch motivierter Abschlag gewährt wird. Hier soll bewusst auf Einnahmen verzichtet werden.

 

Dazu kommt: Sollte erst der Bebauungsplan für die Eisenbahnstraße beschlossen werden, erfährt das Grundstück unmittelbar eine beträchtliche Wertsteigerung. Dass es sich hier um eine renditestarke Immobilie handelt, ist übrigens auch der vom Investor beantragten Belastungsvollmacht für das Grundstück in Höhe von 7 Mio. Euro zu entnehmen. Obwohl man also von einem sehr guten Geschäft für den Bauherrn ausgehen darf, wird hier bewusst ein geringer Preis veranschlagt.

 

Die Verwaltung argumentiert derweil, dass der Investor uns das bauen würde, was wir wollen. Das ist allerdings eine völlige Verdrehung dessen, was tatsächlich der Fall ist. In einem umfangreichen Bürgerbeteiligungsverfahren sollten zwei kleinere Gebäude mit einer Tiefgarage gebaut werden. Nachdem sich dafür keiner fand, haben wir offen Investoren gefragt, was ihnen vorschwebte.

 

Von den dann vorgelegten Plänen des aktuellen Investors ist dank des Abrisses aller Eisenbahnhäuser nunmehr eine renditeträchtige XXL-Variante seiner Vorstellungen in Planung. Der Drogeriemarkt ist zwar sehr von allen gewollt, aber für die Immobilie bedeutet er Anziehungspunkt und über Jahre feste Mieteinnahmen. Einzig der Marktplatz kann als Entgegenkommen gewertet werden, wobei die industriemässig anmutende  Fassade den Platz eher nicht besonders aufwertet und nicht in die örtliche Architektur passt. Der Versuch der absoluten Verdrehung der Fakten wirft somit Fragen auf. Denn wir erfüllen dem Investor mittlerweile fast jeden Wunsch.

 

Viele Gemeindevertreter wollen daher nun ein neues Wertgutachten. Auf der letzten Sitzung der Gemeindevertretung zeigte das Rathaus jedoch keinen Willen, dieser Forderung nachzukommen. Vielmehr wurde die Kritik am Grundstücksverkauf mit der Belehrung zurückgewiesen, Neuenhagen müsse sich doch investorenfreundlich verhalten.

 

Ein fairer und professioneller Umgang ist sicher wichtig, denn Neuenhagen braucht Investitionen. Aber wenn hier neue Maßstäbe eingeführt werden, sollten wir uns vielleicht einfach in Schnäppchenparadies umbenennen? Interessant ist überdies auch, dass das Rathaus auf Nachfrage von Fritzsche-Schnick und Kindervater ausgeschlossen hat, dass es in den vergangenen acht Jahren zu Verkäufen unter Wert gekommen ist. Warum dann jetzt?

 

Angela Kann ist stellv. Fraktionsvorsitzende und Mitglied im FA


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf