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Die Rente - ein Trauerspiel?!

Die Renten werden nächstes Jahr erhöht – ist das nicht ein positives Zeichen der Merkel-Regierung? Sollte dafür das Thema „Rentenangleichung“ nicht in den Hintergrund treten? Ist diese „kleine“ Ost-West-Differenz denn so bedeutend? Der Westbürger, der 45 Jahre lang ein Durchschnittseinkommen bezog, erhält 1.263,15 Euro Rente, der Ostbürger immerhin schon 1.121,40 Euro, „nur“ 141,75 Euro weniger. Aber das sind eben im Durchschnitt 11 % weniger!

CDU und FDP schrieben zwar in ihren Koalitionsvertrag „Wir führen in dieser Legislaturperiode ein einheitliches Rentensystem in Ost und West ein“, aber was schert sie das Geschwätz von gestern. Ärgerlich nur, daß die Partei Die Linke durch mehr als 19 Anträge zur Korrektur der Überleitung der DDR-Alterssicherungen in bundesdeutsches Recht das Thema immer wieder im Bundestag zur Sprache bringt!

Der Berater der Bundesregierung zur „Wendezeit“ und späterer Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Verantwortlicher für die bis heute bestehende politische und juristische Mauer gegen alle Angleichungsbemühungen, Prof. Dr. Papier, klärt uns in seinem 2006 herausgegebenen „Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa“ unter dem Titel „Schutz übergeleiteter DDR-Renten?“ über den Hintergrund der ablehnenden Haltung der Regierungsparteien und der anderen bürgerlichen Parteien auf:
„Eigene vermögenswerte Leistungen des Berechtigten (gemeint ist der Ostrentner) müssen entweder dem verpflichteten Hoheitsträger gegenüber oder doch jedenfalls innerhalb der zur Leistung verpflichteten Solidargemeinschaft erbracht worden sein. Sozialrechtliche....Leistungen...(der Bundesrepublik) beruhen deshalb auch nicht teilweise auf eigenen Leistungen dieser Personen .... innerhalb der bundesdeutschen Solidargemeinschaft. Es geht vielmehr um einseitige bundesgesetzliche Rechtsgewährungen des öffentlichen Rechts, die demgemäß nicht als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG qualifiziert werden kann“.

Das heißt: Es besteht kein Eigentums-, Bestands- und Vertrauensschutz für die Bürger des „Unrechtsstaates DDR“, die entgegen ihrer in der DDR erworbenen Ansprüche und Rechte als rechtlos angesehen werden.

Für ihre Alterssicherungsrechte erhalten sie nach dieser Auffassung nur neue, geringerwertige Ansprüche gemäß RÜG „zuerkannt“. Diese besitzen keinen Bezug mehr zur Lebensleistung der Betroffenen.
Hunderttausende müssen seit über 20 Jahren durch diese Ignoranz und bewusste Diskriminierungen der DDR-Regelungen empfindliche Einbußen bei ihrer Rente hinnehmen.

Durch die Liquidierung jeglicher zusätzlicher Versorgungen müssen nicht nur alle vormals im Staatsapparat, bei Parteien und Organisationen, bei Polizei, Armee und Zoll Beschäftigten, sondern auch alle der Intelligenz zugerechneten Personen mit etwa 60 %, im Extremfall mit nur 30 % der Altersbezüge ihrer westdeutschen Berufskollegen auskommen.

Damit nicht genug:
Auch diejenigen Ostdeutschen, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben, sind davon massiv betroffen. Besonders Frauen müssen sich auf eine Armutsrente einstellen, weil nicht nur die Ansprüche aus DDR-Zeiten wegfallen, sondern auch unterschiedliche Zeiten und Lebenssituationen keine Berücksichtigung mehr finden. Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne, Arbeitslosengeld II haben eine Rente zur Folge, von der der Betroffene nicht leben kann.

Der Soziale Arbeitskreis Treptow-Köpenick hat an einigen ehemaligen Grenzübergangsstellen in Berlin Markierungen auf das Straßenpflaster gesetzt:
„Achtung! Hier beginnt das Lohn- und Rentengebiet Ost!“
Die ehemalige Staatsgrenze trennt bis heute zwei Landesteile, gemessen an Löhnen und Renten.

Interessengemeinschaften der Deutschen Reichsbahn und andere kämpfen öffentlich um die Anerkennung der Lebensleistungen der ehemaligen DDR-Bürger und gegen ihre „Enteignung“. Viele Betroffene gingen den juristischen Weg über Landes- und Bundessozialgerichte. Doch wie kann das Ergebnis nach oben zitierter Auffassung anders aussehen als Nichtannahme, Abschlag oder Aussitzen der Klagen bis hin zur Auferlegung von Missbrauchsgebühren bis 1.300 Euro, wenn jemand den „Gerichtsbeschluß“ nicht anerkennen will?

Leider oder „Marx sei Dank“ gibt es nur die Partei DIE LINKE, die sich nachweislich wiederholt für eine menschenwürdige Rente in Ost und West einsetzt. Und zwar für eine staatliche Rente für jedermann und keine private Rente für Besserverdienende, die außerdem nur dafür sorgt, daß die Versicherungsunternehmen gut verdienen. Denn der „von der Leyen Vorschlag“ ist eine Luftnummer, die SPD-Unterstützung der Rente mit 67 eine Rentenkürzung, der „Nachversicherungsvorschlag“ der FDP nicht bezahlbar.

Die Anzahl derer, die für eine gerechte und bessere Rente kämpfen, wird biologisch bedingt, immer weniger. Diejenigen, die die Auswirkungen dieser Regierungspolitik erst in einigen Jahren erwarten und ihre Einkommen nicht durch „Vorträge“ aufbessern können, sollten sich jetzt mit dem Thema befassen, bevor es biologisch zu spät ist!

Heinz Scharf


Quellen:
Martina Bunge, Statt Wahlbetrug bei der Rente - Lebensleistung Ost anerkennen
www.linksfraktion.de, 16.08.2012,
Broschüre Die Linke im Bundestag, 19 Anträge, Debatten und Abstimmungen, 24.02.2011,
Berichte betroffener Rentner,
Eisenbahner und Verkehrsgewerkschaft, www.evg-online.org,
Sozialer Arbeitskreis Treptow, www.okv-ev.de,
Dres.Christoph, Info 3/2009, www.ostrentner.de,
Rentenkonzept der Partei Die Linke, www.linksfraktion.de/positionspapiere/rente-leben/

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Lektüretipp

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