Diese Website verwendet Cookies.
Zum Hauptinhalt springen

Der Pferdesport ist am Ende | Sagt Rennbahn-Besitzer Schöningh

Viel höre und lese ich dieser Tage davon, dass man in Neuenhagen den Pferdesport weiter fördern will. Oft wird dies im Zusammenhang mit der Debatte um die Trainierbahn getan. Dabei ist der Pferdesport hier in der Region längst am Ende – sagt nun sogar der Besitzer.

Viel höre und lese ich dieser Tage davon, dass man in Neuenhagen den Pferdesport weiter fördern will. Oft wird dies im Zusammenhang mit der Debatte um die Trainierbahn getan. Dabei ist der Pferdesport hier in der Region längst am Ende – sagt nun sogar der Besitzer.

Hoppegarten steht für eine lange Tradition des Pferdepsorts. Das sieht man auch an den Orten in der näheren Umgebung. Ehemalige Reiter-Gutshöfe finden sich an vielen Stellen, auch in Neuenhagen. Aber da sind wir auch schon beim eigentlichen Kern: Ehemalig. Natürlich sind einige wenige noch im Betrieb, aber hochprofessioneller und international erfolgreicher Leistungssport wird hier nicht mehr betrieben. Die Zeiten sind vorbei. Sind sie das?

Mit dem Wechsel des Besitzes der einst staatlichen Rennbahn Hoppegarten an die Rennbahn GmbH und Co. KG, vertreten durch Ihren Besitzer Gerhard Schöningh, keimte die Hoffnung auf, dies wieder zu ändern. Vor einigen Jahren erwarb er dazu erst die große Trainierbahn Bollensdorf und im Anschluss die Trainierbahn Neuenhagen.

Aufwärtstrend machte Hoffnung

Seine Pläne für das Areal klangen fast magisch: Der Trainingsbetrieb soll vollumfänglich wieder nach modernsten Standards möglich sein, Ställe und Wohnungen für Trainer sollen gebaut werden. Arabische Großinvestoren sollen ihre Spitzen-Pferde hier trainieren und den Standort international wieder erlebbar machen. Mit viel Geld, welches allein in die Rennbahn gesteckt wurde und dem wiederbeleben des Rennbetriebs auf zehn Renntage mit immer höheren Gewinnen – Hoffnung keimte auf.

Schöningh selbst, der einst in London als Banker arbeitete, wurde lange Zeit kritisch beäugt, überzeugte durch sein Engagement und die Ergebnisse aber zuletzt viele Kritiker und wird nunmehr allgemein in seiner Expertise vom Geschäft rund um den Rennsport anerkannt. Und auch die Politik schmückt sich mittlerweile gerne mit ihm und nicht wenige knüpfen den Erfolg der Rennbahn auch an den Erfolg der Region.

Auf dem Weg zur Nummer 1 – aber womit?

Doch so langsam fiel ein Schatten auf den schönen Glanz. Mit dem letztjährigen Großereignis „Lollapalooza“ regte sich Widerstand. Und zwar nicht aus einem vermeidlich grünlinkem Gutmenschentum, sondern mitten aus der Bürgerschaft. Anwohner, welche sonst eines politischen Engagements unverdächtig blieben, stürmten Diskussionsrunden und verschafften ihrem Unmut Gehör.

Zur selben Zeit ließ Schöningh großspurig verkünden: Die Galopprennbahn solle wieder die Nummer 1 in Deutschland werden. Nur, um wie fast nebenbei zu erwähnen, man brauche „mittelfristig“ weitere Finanzeinnahmen, etwa eben aus Festivals. Ein Jahr zuvor hieß es noch:  „Wir freuen uns, dass andere unser Areal für solche Zwecke nutzen, auch wenn manchmal keine Pferde dabei sind.“ Im November 2017 wurde Schöningh dann deutlicher: „Ohne weitere Einnahmequellen können wir die Rennbahn nicht betreiben und instand halten“, hieß es auf einer Sitzung des Hoppegartener Bauausschusses im November. Von manchmal oder mittelfristig war dann schon kein Wort mehr zu hören.

Die Wochenenden gehören den Touristen

Denn die Frage bleibt ja. Nummer 1 zu sein klingt gut, aber von was? Von einem offenkundig aussterbenden Sport? Während sich private Reitställe mit Freizeit- und Therapie-Reiten über Wasser halten, will Schöningh jetzt auf Großereignisse setzen. Von Leistungssport hört man da wenig. Es wirkt alles viel mehr so, als wäre der ein nettes Hobby. Die selbsternannte derzeitige Nummer 3 in Deutschland kann den Pferdesport nicht aus eigenen Mitteln finanzieren.

Stattdessen soll nun, den Protest des letzten Jahres ignorierend, der Event-Tourismus gesteigert werden: Der Schlagerhammer soll nun an zwei Tagen und mit mehr Besuchern, als die Region Einwohner hat, stattfinden, auch andere Wochenenden sollen komplett zweckentfremdet werden. Wo viele noch sagten: Den einen oder anderen Nachmittag, da muss man ja nicht gleich meckern, heißt es für Anwohner und Natur nun bald: In den wärmeren Monaten gehören die Wochenenden den pilgernden Massen.

Rechtlichen Voraussetzungen sollen gelockert werden

Schöningh wird dabei nicht müde, die Gemeindevertretung Hoppegarten darauf zu drängen, die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür immer weiter zu lockern. Mit dem „Lollapalooza“ war er 2017 profitabel. Anscheinend waren hier die rechtlichen Rahmen ausreichend. Aber auch das scheint nicht zu reichen, denn Schöningh will mehr, als jetzt schon möglich ist. Und nein, nicht mehr Leistungssport auf vier Beinen, dafür würden die jetzigen Beschlüsse alle ausreichen.

Herrn Schöningh gehören zwei Trainierbahnen, die eine nach eigenen Angaben zu 30% ausgelastet, die andere zum Großteil noch unberührt. Wenn er selbst an seine Idee von den arabischen Spitzen-Pferden glauben würde, wozu braucht er die Festivalisierung der Region? Was Herr Schöningh hier eindeutig zu verstehen gibt, kann nun auch schwarz auf weiß nachgelesen werden: Der Pferdesport ist am Ende.

Was wir stattdessen bekommen werden, ist ohne Absprache mit der Bevölkerung. Von Event zu Event soll es nun jeden Sommer gehen, immer mehr und mehr. Und ab und an soll als Alibi ein Pferd sprinten. Das bricht nicht nur mit der Tradition und der Geschichte der Region. Das schafft etwas, was nicht hierher gehört. Anscheinend können private Investoren doch nicht zaubern.

 

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf der Seite des Team Kindervaters.


Alle Ausgaben unserer kleinen Zeitungen "Ansichten - Aussichten", "Bürgerzeitung" und "Im Gespräch" finden Sie hier

Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf