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Gastbeitrag von Ulrich Wegener

Der Mensch zum Maßstab durch Radverkehrsförderung in Neuenhagen

Möglicher Radverkehr vom und zum Gruscheweg (Quelle: SVU Dresden).

Stellen Sie sich vor: Ein Stau vom Stern bis zum Bahnübergang, Bürger mit Atemschutzmasken und Kinder, die nur noch auf eingezäunten Spielplätzen spielen können. Zugegeben – das sind nicht ganz Neuenhagener Verhältnisse. Oder nur noch nicht?

Stellen Sie sich vor: Ein Stau vom Stern bis zum Bahnübergang, Bürger mit Atemschutzmasken und Kinder, die nur noch auf eingezäunten Spielplätzen spielen können. Zugegeben – das sind nicht ganz Neuenhagener Verhältnisse. Oder nur noch nicht?

 

Selbst, wenn dieses überzeichnete Szenario trotz der um ein gutes Viertel steigenden avisierten Bevölkerungszahl und einer weiterhin praktizierten irrigen Gleichsetzung von Mobilität und Autoverkehr in Neuenhagen nicht eintrifft, so ist es dennoch höchste Zeit, sich die Frage zu stellen, wie unser Lebensumfeld zukünftig gestaltet sein soll. Angesichts schrumpfender Flächenressourcen und fortschreitender Privilegierung des motorisierten Verkehrs wird der Zeitdruck für einen Kurswechsel immer größer. Sogar in Neuenhagen ist der motorisierte Individualverkehr (MIV), als Instrument geplant, mittlerweile zum Selbstzweck verkommen, für einen Großteil unserer Handlungen im Alltag bestimmend und in gewisser Hinsicht zur Geißel geworden. Dieser Zustand aber muss keine Sackgasse sein.

 

„Zuerst formen wir die Städte – dann formen sie uns“ (Jan Gehl)

 

Das Fahrrad ist das wahrscheinlich am meisten unterschätzte Vehikel zur Lösung vieler gesellschaftlicher Probleme. Es spart nicht nur Fläche, sondern auch Gesundheits-, Umwelt-, Infrastruktur-, und andere Folgekosten. Außerdem schafft Radverkehr auf verschiedene Weise mehr Sicherheit, er ermöglicht Senioren und Kindern mehr und bessere soziale Teilhabe, er fördert den Einzelhandel und die Identifikation mit der Heimat. Nicht zuletzt entspannt ein erhöhter Radverkehrsanteil auch den Autoverkehr, aber das wichtigste – er schafft Lebens- und Aufenthaltsqualität, indem er den Menschen und seine Bedürfnisse wieder zum Maßstab in seiner gebauten Umwelt macht.

 

Damit der Radverkehr diese Potenziale entwickeln kann, muss er entsprechend als gleichwertiges Verkehrsmittel gefördert werden. Glücklicherweise bringt Neuenhagen einige Voraussetzungen mit, die eine Stärkung des Radverkehrs begünstigen.

 

Erwähnenswert ist der schon jetzt beachtliche Anteil von Radfahrenden. Ein Blick nach Kopenhagen verrät, dass ein Anteil von 35% am Gesamtverkehr sommers wie winters möglich ist. Eine gute Ausgangsbasis ist außerdem, dass der meiste Verkehr innerhalb Neuenhagens auf kurzen Wegen stattfindet und dass der Ort mit seiner geringen Ausdehnung, seiner Topographie und den vielfältigen Einrichtungen des täglichen Bedarfs nahezu ideale Bedingungen für den Radverkehr bietet. Fahrrad, Pedelec und Lastenrad sind nämlich für Entfernungen zwischen 5 und 10 km die effizientesten Verkehrsmittel. Voraussetzung dafür ist eine netzartige Radverkehrsinfrastruktur – innerorts UND überörtlich. Leider ist es hier nicht einfach, solch ein Netz umzusetzen.

 

Neuenhagen verfügt nur über wenige potenzielle radiale „Durchgangsstraßen“ für ein umwegfreies Radeln. Erschwerend kommt hinzu, dass fast alle unsere Straßen schmal sind, Kopfsteinpflaster oder einen wertvollen Baumbestand haben. All dies macht das Anlegen von modernen Radwegen, die nicht nur Alibi-Gepinsel auf der Straße sind und als solches weder für subjektive noch objektive Sicherheit sorgen, nahezu unmöglich. In den Niederlanden und Dänemark werden als Lösungsansatz Radverkehr und motorisierter Verkehr straßenweise, bspw. durch Einbahnstraßensysteme, getrennt voneinander geführt. Dieser Ansatz ließe sich in bestehende Konzepte für Thälmann- und Wolterstr. einbinden. Ein zweiter Ansatz sind möglichst nah an den Hauptrouten geführte Radrouten. Beispielsweise könnte eine Route von Hönow nach Schöneiche über Platanenallee, Sankt-Georgs-Weg und die Goethestraße ausgebaut werden. Aber auch eine Schnellverbindung nach Berlin ist dringend nötig.

 

„Zeigen Sie mir ein Problem dieser Welt und ich gebe Ihnen das Fahrrad als Teil der Lösung.“ (Mike Sinyard)

 

Lassen Sie uns doch unsere Gartenstadt verkehrlich in ein NeuKOPenhagen verwandeln!

 

Dieser Artikel erschien in unserer aktuellen Ausgabe der Ansichten-Aussichten.


Alle Ausgaben unserer kleinen Zeitungen "Ansichten - Aussichten", "Bürgerzeitung" und "Im Gespräch" finden Sie hier

Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf