Diese Website verwendet Cookies.
Zum Hauptinhalt springen

Auf ein Wort ... Wissen ist Freiheit – Unwissenheit tödlich

Spätestens, wirklich allerspätestens, mit der Veröffentlichung des Berichtes der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung „Unsere gemeinsame Zukunft" (Brundtland-Bericht 1987) hat jedwede Politik ihre „Unschuld" verloren.

Spätestens, wirklich allerspätestens, mit der Veröffentlichung des Berichtes der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung „Unsere gemeinsame Zukunft" (Brundtland-Bericht 1987) hat jedwede Politik ihre „Unschuld" verloren.

Mit akribischer Präzision wurde uns der Spiegel vorgehalten, mit welchen Verwerfungen für die Entwicklung der Völker, Problemen für Frieden und Sicherheit, Beeinträchtigungen und Zerstörungen unserer globalen Umwelt und ihrer Ökosysteme wir konfrontiert sind und welche Probleme wir ins 21. Jahrhundert hinüberschleppen werden – kurz wohin wir in globalem Rahmen mit diesem Wirtschaftssystem treiben.
Es hat sich nichts geändert!!

Das bildungsresistente Festhalten an neoliberalen Wirtschaftsideen erfüllt heute eigentlich schon den Straftatbestand der Vorsätzlichkeit. Es kann sich heute kein Politiker mehr dahinter verstecken, er hätte es nicht gewusst – auch für Politiker besteht die Forderung der Weiterbildung! Aber wie stellt sich nun Wahrnehmung der Widersprüche heute konkret in unserem Land dar?

Albrecht Müller analysiert den Sachverhalt treffend in seinem Buch "Die Reformlüge". „Die gängige Reformpolitik leidet nicht nur unter einem Defizit an Gerechtigkeit. Genauso schlimm ist ihre Unwirksamkeit. In Deutschland wird seit 20 Jahren auf neoliberale Weise reformiert. Ohne nachhaltigen Erfolg. Die wirtschaftliche Lage wird immer kritischer."

Das Ergebnis ist logisch, da man als einziges Optimierungskriterium für die Entwicklung einer Gesellschaft - eines der komplexesten Systeme auf dieser Erde - das Kapital, zulässt.

Christa Luft zeigt in ihrem Buch „Wendeland - Fakten und Legenden", wie bildungspolitisch die Inkompetenz der Ökonomie geformt wird. „Es wundert einem nicht, wenn Absolventen eines Volks- oder Betriebswirtschaftsstudiums, mit ihrem einseitigen, praxisfernen Leitbild, das sich auf neoklassische Wirtschaftstheorie stützt, … später auf Entscheidungsposten in der Wirtschaft, Arbeiter entlassen und sich ihre eignen Gehälter erhöhen."

Jeder Naturwissenschaftler fiele mit solchen Trivialansätzen in seinem Fachgebiet der Lächerlichkeit anheim, aber den „Ökonomen" fällt das nicht auf - theoria cum praxi!
Marx formulierte den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung schärfer: „Was die Arbeitsteilung in der modernen Gesellschaft charakterisiert, ist die Tatsache, dass sie die Spezialitäten, die Fachleute und mit ihnen den Fachidiotismus erzeugt."(MEW 4/157)

Beeindruckend ist nur, dass die Vertreter und Verbände, die die „reine Lehre" anbeten, die ja eine politische Ökonomie vehement ablehnt, trotzdem politische Vorgaben für die demokratisch gewählten Volksvertreter machen – nachzulesen zum Beispiel im BDI-Papier „11 Handlungsfelder für unser Land" oder der Bolkestein-Richtlinie der EU.
Kurz und stark vereinfacht: Der Staat wird von den abhängig Beschäftigten finanziert, der Staat fördert großzügig die Industrie, die Gewinne werden durch Steuertricks vereinnahmt und die Verluste der Allgemeinheit aufgebürdet. – das Kapital zieht um die Welt und hinterlässt verbrannte Landschaften.

Und das ist das „non plus ultra", was uns voranbringt, glaubt man dem Koalitionspapier, das am 11.11. aus der Taufe gehoben wurde. „Würden mit der gleichen Radikalität, die bei der sozialpolitischen Verwüstung des "Standorts Deutschland" waltet, die Ausdehnung sozialer Rechte und höhere Lohn- und Gehaltseinkommen erstritten, wäre sofort von Klassenkampf die Rede. Die schamlose Umverteilung von unten nach oben, von den Lohnabhängigen zu den Beziehern von Renditen, Dividenden und Shareholder Value jedoch wird als zukunftsweisende Reform verkauft." (Elmar Altvater im Freitag 21, 14.04.2004)

So, wie in globalem Rahmen die Schere zwischen arm und reich extrem wächst, spiegelt sich diese Entwicklung auch in unserem Lande wieder mit all ihren Gefahren für eine demokratische Entwicklung.

Wir sind leider immer noch bei Marx und politökonomisch im Mittelalter. Und die Zahl der Gläubigen, die meinen, die Erde sei eine Scheibe, ist noch erschreckend hoch. „Not tut die ökonomische Alphabetisierung, wie Pierre Bourdieu die Aufgabe der sozialen Bewegungen von den Gewerkschaften bis Attac in Zeiten der Globalisierung umschrieb." (Elmar Altvater im Freitag 21, 14.04.2004)

Gerd Schlutow


Alle Ausgaben unserer kleinen Zeitungen "Ansichten - Aussichten", "Bürgerzeitung" und "Im Gespräch" finden Sie hier

Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf