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Splitter zum Parteiprogramm

n-tv dokumentiert

- eine Zusammenfassung

- Aufreger im Bundestag

n-tv dokumentiert

Sonntag, 23. Oktober 2011

NATO abschaffen, Großbanken verstaatlichen. Das Parteiprogramm der Linken. "Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte": Die Linkspartei beschließt in Erfurt ihr erstes Grundsatzprogramm. Darin fordert sie die Abschaffung von Harzt IV, Mindestlöhne und das Ende der NATO. Die wichtigsten Programmpunkte im Überblick.

In dem vom Erfurter Parteitag beschlossenen Programm wartet die Linke mit markiger Kritik an den bestehenden Verhältnissen auf. "Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte, sondern eine Etappe der Menschheitsgeschichte", heißt es in dem Text. Die wichtigsten Beschlüsse im Überblick.

Finanzkrise
Die Linke tritt für ein dreigliedriges Bankensystem aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und verstaatlichten Großbanken ein. Den Banken soll der Handel mit Wertpapieren und die Spekulation mit Derivaten verboten werden. Den umstrittenen Hedge-Fonds soll die Geschäftstätigkeit in Deutschland verboten werden, alle Finanztransaktionen sollen mit einer Steuer belegt werden.

Steuern
Die Vermögenssteuer soll in Form einer Millionärssteuer wiedereingeführt werden, und zwar in Form von fünf Prozent auf private Vermögen. Zudem wird eine deutliche Anhebung der Erbschaftssteuer auf große Vermögen vorgeschlagen.

Sozialpolitik
An die Stelle von Hartz IV soll nach dem Willen der Linken ein am früheren Einkommen orientiertes Arbeitslosengeld und eine bedarfsdeckende Mindestsicherung treten. Sie soll nicht mit Sanktionen verknüpft sein. Abschaffen will die Partei außerdem die Rente mit 67. Stattdessen soll wieder zur Regelaltersgrenze 65 zurückgekehrt werden.

Wirtschaft und Arbeit
Die Delegierten der Linkspartei legten sich auf einen deutlich antikapitalistischen Kurs fest.
Strukturbestimmende Großbetriebe will die Linke in "demokratische gesellschaftliche Eigentumsformen" überführen. Zudem gehörten die Daseinsvorsorge, die gesellschaftliche Infrastruktur und die Energiewirtschaft in die öffentliche Hand. Hier wird eine demokratische Kontrolle vorgeschlagen. Die Partei tritt außerdem für einen Mindestlohn ein, der mindestens 60 Prozent des nationalen Durchschnittseinkommens betragen soll. Zudem strebt die Linke die 30-Stunden-Woche an.

Außenpolitik
Nach kontroverser interner Debatte bekennt sich die Linke in ihrem Programm zum Existenzrecht Israels. Deutschland habe wegen der Judenverfolgung im Nationalsozialismus eine besondere Verantwortung und müsse jeder Art von Antisemitismus, Rassismus, Unterdrückung und Krieg entgegentreten.

Krieg und Frieden
Die Linke fordert in ihrem Programm die Auflösung der NATO. Sie soll durch ein kollektives Sicherungssystem unter Beteiligung Russlands ersetzt werden. Deutschland müsse auf jeden Fall aus den militärischen Strukturen der NATO austreten. Kampfeinsätze der Bundeswehr soll es nicht mehr geben, stattdessen soll ein "Willy-Brandt-Corps" für zivile Maßnahmen geschaffen werden.

Regierungsbeteiligungen
Die Linke knüpft eine künftige Beteiligung an Regierungen an enge Bedingungen: "An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des Öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen."

Drogen
In dem Programm fordern die Linken langfristig eine Legalisierung aller Drogen. Dies sei im Zuge einer "rationalen und humanen Drogenpolitik" erforderlich. In einem am Abend gefassten Zusatzbeschluss stellte die Partei allerdings klar, dass damit nur die kontrollierte Abgabe harter Drogen an Süchtige gemeint ist. Der Handel mit harten Drogen soll weiterhin verboten bleiben.

Donnerstag, 27. Oktober 2011
Kalter Krieg im Kindergarten Linke bringt Bundestag um den Verstand

von Christian Bartlau
Diktatur des Proletariats, DDR, Bananenknappheit: Auf einem Niveau irgendwo zwischen Vorschule und Guido Knopp schlingert sich die Regierungskoalition durch eine "Aktuelle Stunde" zum Programm der Linkspartei. Ein erschreckendes Zeugnis der Debattenkultur im Bundestag.

Von Null auf Schnappatmung brauchte Joachim Pfeiffer keine fünf Sekunden. "Unglaublich und erschreckend" fand der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU das Thema, über das der Bundestag auf Wunsch der Regierungskoalition debattierte: das neue Programm der Linkspartei.

Als unglaublich kann man es durchaus bezeichnen, dass sich die Linke trotz ihrer desolaten Lage tatsächlich auf gemeinsame Grundsätze einigen konnte. Das war aber nicht der Grund, warum CDU/CSU und FDP eine Aktuelle Stunde mit dem sperrigen Titel "Demokratischer Sozialismus und soziale Marktwirtschaft" auf die Tagesordnung setzen ließen. 
Georg Nüßlein will die Linke vom Verfassungsschutz überwachen lassen.

Wer die Diskussion verfolgte, bekam den Eindruck, den Abgeordneten von Schwarz-Gelb stand nach der geradezu harmonischen Euro-Abstimmung vom Mittwoch der Sinn nach Krawall. "In fünf Minuten kann man die ganze Scheiße, die Sie da reingeschrieben haben, nicht einmal ansatzweise zusammenfassen", donnerte Pfeiffer der Linksfraktion entgegen. Einen Versuch der Auseinandersetzung mit dem Programm wagte er denn auch nicht. Lieber fuhr er Stammtischparolen auf: "20 Jahre auf ein Auto warten, das wollen sie wieder einführen!"

Zu Pfeiffers Ehrenrettung sei gesagt: Substanzieller wurde die Debatte nicht mehr. FDP-Mann Patrick Kurth erntete mit einer Günter-Schabowski-Parodie Lacher ("Aber ihr Programm tritt doch … nach meiner Kenntnis … ist das … sofort."), und sein CDU-Kollege Ulrich Lange gluckste ob seiner analytischen Schärfe ("Die Linke, das ist Sozialismus minus Stasi") so beseelt wie Fips Asmussen nach einem gelungenen Herrenwitz. Georg Nüßlein (CDU) besaß sogar die Chuzpe, aus dem konstruierten Vorwurf, die Linke wolle eine "Diktatur des Proletariats" errichten, die Notwendigkeit der bundesweiten Überwachung der Partei durch den Verfassungsschutz abzuleiten.

Kein "allgemeines aktuelles Interesse"
Die einzigen ernsthaften Einwände gegen das Programm lieferten SPD und Grüne. Kerstin Andreae (Grüne) unterstellte den Linken "Staatsgläubigkeit" und warnte davor, sich mit einem strikten Oppositionskurs aus der Verantwortung zu stehlen. Sozialdemokrat Klaus Barthel warf den Linken vor, den Begriff des demokratischen Sozialismus zu beschädigen - nur um dann die Regierung für den Versuch anzugreifen, mit oberflächlichen Argumenten jede Opposition zu diskreditieren. Auf weitere Beiträge verzichtete die SPD aus Protest. Ein "allgemeines aktuelles Interesse", das die Geschäftsbedingungen des Bundestags als Voraussetzung für eine Aktuelle Stunde vorsieht, sei ohnehin nicht gegeben, sagte Barthel kopfschüttelnd.

Und die Linkspartei? Als einzige Fraktion in fast voller Besetzung angetreten, genossen die Abgeordneten das Polittheater sichtlich. Höhnisch spendeten sie den irritierten schwarz-gelben Rednern Applaus, wenn diese aus dem Programm zitierten. Als Redner schickten sie ausgerechnet Stefan Liebich, der als einer der Reformer gilt, die das Programm für zu radikal halten. Doch nichts verbindet so stark wie ein gemeinsamer Feind, und so nutzte Liebich seine Redezeit für eine umfassende Erörterung der inhaltlichen Positionen seiner Partei – und einen abschließenden Seitenhieb: "Ich bedanke mich bei Union und FDP, dass wir hier unser Programm vorstellen durften."ddmmyy


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