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Kurt Schneider

Zum Stadtrecht für Neuenhagen

Wer in den letzten Monaten die Diskussion um die Erlangung des Stadtrechts für Neuenhagen in Presse und öffentlichen Veranstaltungen verfolgte, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele wichtige Fragen überhaupt nicht oder sehr verkürzt behandelt werden. So ist sehr oft vom Imagegewinn die Rede, der Neuenhagen, so möchte man meinen, im Selbstlauf Investitionen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen bringen soll. Auch recht oberflächlich wird über Vor- und Nachteile bei der Erlangung des Stadtrechts argumentiert und schließlich das Stadtrecht als eine Art Schutzschild vor potentieller Eingemeindungsgefahr durch Berlin bemüht.

Bevor man aber die Neuenhagener aufruft sich für oder gegen das Stadtrecht zu erklären, sollte es Gesprächsrunden über Inhalte und Visionen der Ortsentwicklung geben.

Vielleicht ist es angebracht eine Überlegung dem voranzuschicken.

Es gibt nicht wenige Kommunen, die haben Stadtrecht, aber in den letzten Jahren viel von ihrer städtischen Struktur, ihrem städtischen Leben, von ihrer einstigen Bedeutung und ihrem Glanz verloren durch die Schließung wichtiger Produktionsstätten und Einwohnerabwanderung. Es gibt Gemeinden, die haben kein Stadtrecht aber einen rasanten Einwohnerzuwachs. Ein solcher Prozess der Strukturveränderungen, Schrumpfung in dem einen und Erweiterung in dem anderen Falle vollzieht sich auch im Land Brandenburg. Neuenhagen gehört zu den wenigen Kommunen, in denen sich die Strukturveränderungen seit Jahren im Wachstum niederschlagen. Doch ungebremst wird dies nicht weitergehen.

Neuenhagen, eine Gemeinde im „Speckgürtel“ Berlins gelegen, partizipiert vom Großstadtbonus Berlins. Wie in den zwanziger Jahren so hat Neuenhagen auch seit 1990 einen starken Einwohnerzuwachs, insbesondere aus Berlin erhalten. Für Neuenhagen ist Berlin das „Arbeitsplatzreservoir“ nicht nur was die Anzahl der Arbeitsplätze, sondern auch deren Niveau betrifft. Dadurch wird das Einkommensvolumen der Neuenhagener Einwohner und damit das Steueraufkommen der Kommune entscheidend beeinflusst. Neuenhagen ist zugleich attraktiver Wohnstandort für viele Berliner geworden, für jene vor allem, die der Großstadt entfliehen wollen, um ruhiger zu leben. Diese „Stoffwechselverbindung“ zwischen Großstadt und Umland trifft auf eine Vielzahl von Gemeinden in unserer Region zu.

Wenn über „Neuenhagen als Stadt“ sinniert wird, dann müsste wohl etwas Besonderes herausgestellt werden, wie ausnehmend gute Luftverhältnisse, gute Bildungseinrichtungen für Kinder, ein außergewöhnliches kulturelles Angebot bezogen auf einen Ort dieser Größenordnung, auf gute Straßen, Geh- und Radwege. Man kann diese Reihe fortführen, einzelne Elemente durch andere ersetzen. Was bleibt: Für Neuenhagen als Stadt zu werben verlangt Zielmarken für die Lebensqualität der Einwohner vorzugeben. Auf den Kern der Sache gelangt man nur dann, wenn man die Frage beantwortet, inwieweit Neuenhagen über bauliche Strukturen verfügt, die städtischen Charakter haben, ob es in unserem Ort städtisches Leben gibt bzw. ob man dies, und wenn ja, wie man dies erreichen will.

Für die Bürger der Nachbargemeinden muss es doch grotesk erscheinen, wenn erklärt wird, Neuenhagen wolle Stadt und die Nummer 1 der Region werden und dann im gleichen Atemzug gesagt wird, dass man die Gemeinden alle mit ins Boot nehmen wolle, um so den Verflechtungsraum um Berlin insgesamt aufzuwerten. Soll am Neuenhagener Wesen die ganze Region genesen?

Indem Neuenhagen die Stadtrechtserlangung forciert vorantreibt, werden die Nachbargemeinden dies nicht gleichgültig hinnehmen, sondern sich ihren Teil dabei denken. Man schlägt mit einer solchen Argumentation – gewollt oder ungewollt – die Tür für produktive Gespräche über Kooperationsbeziehungen mit diesen Kommunen zu, bevor überhaupt geredet wird.

Auch was das Gewicht des Neuenhagener Gewerbepotential betrifft, ist übermäßig forsches Argumentieren eher fehl am Platze. So wird mit einer Zahl von 1300 Gewerbetreibenden operiert. Das hört sich an, als ob Neuenhagen ein bedeutender Wirtschaftsstandort werden wolle. Für einen jeden sollte die Gemeinde Verständnis und Entgegenkommen zeigen. Doch wer übersieht, dass es sich dabei um vier Fünftel Einzelgewerbe handelt, Einmannbetriebe also, verkennt die Realität. Zu wünschen wäre, es gäbe darunter mehr leistungsstarke Betriebe, die dann natürlich positiv in die Kommune hineinwirken könnten.

Man muß schon – will man so ein Projekt anpacken – sich der Mühe unterziehen die Neuenhagener Potentiale abzuklopfen, um sie zu erschließen. Dazu nur einige Gedankenanstöße:

 

  • Bildung eines Kooperationsverbandes Neuenhagen, Dahlwitz-Hoppegarten, Hönow, Münchehofe mit über 30 000 Einwohnern. In Hoppegarten die Rennbahn, in Neuenhagen das Rathaus für zentrale Verwaltungsfunktionen, drei  S-Bahnhöfe darunter einen mit Regionalbahnanschluss, einen U-Bahnhof in Hönow.
  • Neuenhagen ein großer Ort an der im Zuge der Osterweiterung der EU so wichtigen Trasse der „Ostbahn“ und dem auf Neuenhagener Gebiet derzeitig kaum genutzten Terrain des Fredersdorfer Güterbahnhofs.
  • Vervollkommnung der städtebaulichen Strukturen durch schwerpunktmäßige Ergänzungen im Bereich Thälmannstraße, Hauptstraße, Eisenbahnstraße, Platz der Republik, Umgebung des Rathauses um nur einige zu nennen.
  • Prüfung des Ausbaus des Neuenhagener Freibades, um es zu einer Stätte von regionaler Bedeutung im Zusammenhang mit dem Bahnhofsausbau zu gestalten.

Wünschenswert wäre es – und dies ist der eigentliche Zweck diese Beitrages – wenn es gelänge dem Gespräch „Neuenhagen als Stadt“ recht bald einen wirklichen substanziellen Inhalt zu geben, weil dies zur Klärung führen und die Bürger in die Diskussion einbeziehen würde.

Nehmen wir all` jene, die vom Image sprechen, beim Wort und fragen mit Berechtigung und Nachdruck: Was für ein Bild, welche Vorstellung haben sie von Neuenhagen und welche Entwicklungsideen für Neuenhagen? Denn letztlich gilt auch für die Behandlung der Neuenhagener Stadtthematik: Erst messen und dann abschneiden, erst sorgfältig prüfen und dann entscheiden!

Kurt Schneider


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