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Studiengebühren - nein danke!

Schon heute stammen bundesweit nur ungefähr ein Achtel der Studierenden aus den so genannten „bildungsfernen“ Schichten – in Potsdam ist es nicht einmal jeder Zehnte.

Ich studiere seit nunmehr anderthalb an der Universität Potsdam und habe das große Glück, von meinen Eltern in jeder nur erdenklichen Hinsicht unterstützt zu werden. So übernehmen sie beispielsweise die pro Semester anfallenden „Immatrikulations- und Rückmeldegebühren“ in Höhe von 51 Euro, die noch zusätzlich zu einer Verwaltungsgebühr in etwa der gleichen Größenordnung erhoben werden. Nun mag diese Summe für sich genommen noch keine großen Stürme der Entrüstung auslösen. Führt man sich jedoch die Tatsache vor Augen, dass ersteren kein realer Aufwand innerhalb des universitären Betriebs gegenübersteht und diese stattdessen über Umwege eins zu eins in den Brandenburger Landeshaushalt einfließen, so offenbaren sich diese bereits seit Jahren als verdeckte Studiengebühren.

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Januar steht es den Bundesländern in Zukunft frei, auch offiziell Studiengebühren zu erheben, wovon mehrere unionsgeführte Länder so bald wie möglich Gebrauch machen wollen. Dabei sind momentan Beträge von 500 Euro aufwärts ab dem ersten Semester im Gespräch, die die Hochschulbildung endgültig zu einer Ware degradieren würden, die sich nur noch Kinder reicher Familien leisten könnten. Schon heute stammen bundesweit nur ungefähr ein Achtel der Studierenden aus den so genannten „bildungsfernen“ Schichten – in Potsdam ist es nicht einmal jeder Zehnte.

Viele meiner Kommilitonen in der Uni zählen zu den 70 % der Studenten, die neben ihrem Studium arbeiten müssen. um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Wodurch sich ihr Studium zwangsläufig verlängert. Sollte es zur Einführung allgemeiner Studiengebühren kommen, würde damit eine zusätzliche schier unüberwindliche finanzielle Barriere beim Bildungszugang geschaffen werden und somit die Chancengleichheit noch weiter verschlechtert.

Studiengebühren sind unsozial und verschärfen die ohnehin problematische Situation vieler Studenten. Darüber hinaus schrecken sie viele vom Studium ab, da sie sich nicht mit immer größer werdenden Schuldenbergen belasten wollen und können. Andere sind vermutlich gezwungen ihr Studium einfach abzubrechen. Dieser Entwicklung ist auch mit den viel gerühmten Stipendienmodellen, die ohnehin nicht in Sicht sind, nicht so ohne weiteres beizukommen. Zumal zu befürchten ist, dass die Studiengebühren, sind sie erst einmal eingeführt, ständig weiter wachsen, „explodieren“ werden.

Ein großer Irrglauben, dem die Befürworter von Studiengebühren erliegen, ist die Annahme, dass diese unmittelbar die Finanzmittel der Hochschulen aufstocken und damit direkt der Lehre und Forschung zu Gute kommen werden. Die Beispiele vergleichbarer westlicher Industrienationen wie Österreich, Großbritannien, den Niederlanden, Australien und Neuseeland haben nämlich wiederholt gezeigt, dass die erhobenen Studiengebühren sofort in die allgemeinen Haushalte eingehen oder mit dem Zurückfahren von staatlichen Zuweisungen verbunden sind.

Es kann nicht das Ziel der Politik sein, die maroden Kassen auf Kosten der Studenten zu sanieren. Stattdessen sollte ernsthaft in Erwägung gezogen werden, dies durch eine gerechte Steuerreform zu gewährleisten, in deren Rahmen beispielsweise die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird. Schließlich bedeuten Investitionen in die Bildung auch immer Investitionen in die Zukunft eines Staates. Es darf nicht zugelassen werden, dass in Deutschland intellektuelles Potenzial weiter vergeudet wird.

Artikel aus "Im Gespräch" 4/05

Sascha Trutt



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