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Streitfall Geschichte

Eine Betrachtung von Heinz Scharf

Den Versuch, das Leben von uns DDR-Bürgern aus bürgerlicher Sicht darzustellen, haben schon Viele versucht und versuchen es immer wieder. Auf unseren Reisen sind wir meist, wenn wir nicht allein fahren, mit unseren westdeutschen Brüdern und Schwestern zusammen, die in der Regel von der DDR genau die Kenntnisse haben, wie sie seit Kinkel in den bundesdeutschen Medien bis heute verbreitet werden. Der Geist von Knabes Hohenschönhauser Gruselkabinett lässt immer wieder grüssen. Und die, die noch nie einen Fuß in das Gebiet der untergegangenen DDR gesetzt haben, erklären uns, wie wir hier eigentlich gelebt haben.

Leider wird es in absehbarer Zeit immer weniger Menschen geben, die als „Zeitzeugen“ darüber berichten können. Im Bewusstsein ihrer Endlichkeit haben einige versucht, über die Geschichte der DDR aus ihrer Erlebenswelt zu berichten.

Die Gesellschaft der DDR war nicht so schlicht gestrickt, wie uns die heutigen Meinungsmacher vormachen wollen. Es gab eine Menge unterschiedliche Lebens- und Betrachtungsweisen, die sich natürlich in den geschriebenen Artikeln und Büchern wiederspiegelt.

Die Sicht auf die Vergangenheit erfolgt heute immer noch vom „parteilichen“ Standpunkt aus, bei Jahrestagen wird dieser besonders herausgestrichen und im Sinne der Kinkelschen Delegitimierung der DDR benutzt. Dabei geht es weniger um Deutung der Geschichte, sondern um harte politische Ziele. Leider geht das Bestreben, die damaligen Verhältnisse „unparteiisch“ zu untersuchen, damit gegen Null.

Wer hat recht?
Diese Frage ist sicher nicht aus einer populistischen „Unrechtsstaatstheorie“ heraus oder mit aus dem Zusammenhang gerissenen „Augenblicksberichten“ zu beantworten, sondern nur mit einer geschichtswissenschaftlichen Betrachtungsweise und ihren wissenschaftlichen Werkzeugen.

Der international renommierte Historiker Kurt Pätzold hat in seinem jüngsten Buch „Streitfall Geschichte“ versucht, aus den Diskussionen zwischen marxistischen und bürgerlichen Politikern, die er während Konferenzen, Tagungen und anderen Reisen in viele Ländern führte, zu erklären, worin der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Perspektiven besteht.

Und: die Historiker der DDR waren in der Welt als Fachleute willkommen, ihre Forschungsergebnisse wurden geachtet und anerkannt, was ja bekanntlich heute aus ideologischen Gründen oft geleugnet wird. Pätzold beschreibt sarkastisch und auch polemisch, dass hinter dem absichtlichen Übersehen von Leistungen der DDR-Historiker nicht nur intellektuelle Missachtung steckt, sondern dem Kinkelschen Delegitimierungsprinzip gefolgt wird.

Die Hoffnung, dass erst mit dem biologischen Verschwinden der DDR-Bürger der Durchbruch zur geschichtlichen Wahrheit und ihrer Verbreitung gelingen wird, ist nur ein Wunsch, ein Glaube, eine Hoffnung, aber vor allem ein Irrtum. Zeitzeugenschaft ist kein Hindernis für die Erkenntnis eines Zusammenhangs, einer Entwicklung oder einer Tendenz. Dafür stehen z.B. zwei der überall bekannten, inmitten politischer Kämpfe gewonnenen und kaum mehr umstrittenen Einsichten: Karl Liebknechts „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ und die Warnung der Kommunisten „Hitler, das ist der Krieg“.

Auch die Auffassungen und die Herangehensweise an die Geschichte der DDR ist in der Partei Die Linke, gelinde gesagt, nicht einheitlich. Und leider spaltet diese Uneinheitlichkeit nicht nur linke Politiker sondern auch das linke Wahlvolk.
Kurt Pätzold hat dazu einen lesenswerten <media 30321 - download> „Geschichte schreiben“</media> in der Jungen Welt vom 08.11.2011 publiziert.

Dem interessierten Leser seien zwei weitere aufschlussreiche, faktenhaltige Bücher empfohlen:

Professor Dr. Horst Schneider: <media 30322 - download>„Artikel 23 – kein Anschluss unter dieser Nummer“</media> und
Professor Dr.jur.habil Erich Buchholz, <media 30323 - download>„Rechtsgewinne? Welche Rechte gewannen die DDR-Bürger durch den Beitritt?“</media>

Heinz Scharf

ddmmyy


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