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Revolution mit Ludwig Erhard - gestern im ND zu lesen + 1 Kommentar

Foto: nd/Burkhard Lange

Sahra Wagenknechts Kapitalismuskritik findet auch im konservativen Lager Beachtung. Sahra Wagenknecht hat sich mit ihrer Kapitalismuskritik über Parteigrenzen hinweg einen Namen gemacht. Am Dienstagabend diskutierte sie mit FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher und dem CSU-Mann Peter Gauweiler.

 »Ich habe das Buch geschenkt bekommen«, sagt Peter Gauweiler, »aber ich würd's mir auch kaufen.« Das darf man als Höflichkeitsfloskel verstehen, aber sicher auch als Anerkennung. Gauweiler spricht von Sahra Wagenknechts »Freiheit statt Kapitalismus«, das jetzt - überarbeitet und erweitert um ein Plädoyer für ein soziales, demokratisches Europa - als Neuauflage erschien und für Campus-Verleger Thomas Schwoerer nicht weniger ist als »das Standardwerk der Kapitalismuskritik«. Auch die FAZ hat sich des hoch gelobten Werkes angenommen und das neue Kapitel vorab veröffentlicht.

Leute wie FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher und der CSU-Politiker Gauweiler beobachten mit wachsendem Unwohlsein, wie ihr guter alter Kapitalismus aus den Fugen gerät. »Vor zehn Jahren«, sagt Schirrmacher bei einer Diskussion über Wagenknechts Buch mit der Autorin und Gauweiler in der Berliner Kulturbrauerei, »hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass Banker in einem solchen Ausmaß Profite privatisieren und Verluste sozialisieren, wie wir das heute erleben.«

Die Schirrmachers geraten ins Grübeln darüber, dass die Linke vielleicht doch recht hatte, aber ein bisschen wollen sie am alten Koordinatensystem festhalten: Wenn Wagenknecht den Kapitalismus schon richtig erklärt, dann wollen sie es es wenigstens auf eine Art und Weise verstehen, »die parteipolitisch überhaupt nicht mehr zu verorten ist«. Mit solchen Wendungen versucht Schirrmacher zu rechtfertigen, dass ihn das Buch einer Linken fasziniert. Und das tut es: Das Buch zeige, sagt er, »die unglaubliche Fähigkeit sozialistischen Denkens, Krisen zu analysieren«.

Gauweiler hat in dem Buch offenbar die Klassiker des Kommunismus erwartet, aber stattdessen »Ludwig Erhard reloaded« gefunden. »Was wir immer verteidigt haben« - die soziale Marktwirtschaft - »wird hier auch verteidigt, wenngleich von einem ganz anderen Sonnensystem aus«, meint der Bayer. Das ist einerseits wahr, andererseits wohl ein Missverständnis. Denn mit der sozialen Marktwirtschaft befasst sich Wagenknecht so ausführlich, »weil ich die Politik der Bundesrepublik an ihrem eigenen Anspruch messen will, vor dem sie versagt«.

Wagenknechts Buch, sagt Schirrmacher, der zu den wichtigen Meinungsmachern des Landes gehört, »erinnert uns daran, was das eigentlich einmal war: soziale Marktwirtschaft«. Vielleicht könne nur jemand mit dem Blick von außen »richtig beurteilen, was auf dem Spiel steht«. Das bestätigt Wagenknecht auf ihre Weise: »Wohlstand für alle, wie es einst Ludwig Erhard propagierte, das ist ja inzwischen fast revolutionär.« Wer das heute zu Ende denke, »der stellt beinahe schon die Systemfrage.« Angela Merkel habe Erhards Anspruch mit einer Politik zerstört, die sich der Benotung durch die Finanzindustrie ausliefere und sich so erpressbar mache.

Womit das brisante Thema Griechenland erreicht ist. Die Rettungspakete, die von den europäischen Steuerzahlern bezahlt werden müssten, seien völlig falsch konstruiert, meint Wagenknecht. »Ein Land, dem es immer elender geht, ist offensichtlich nicht gerettet.« Gerettet habe man einzig die Banken. Auch Gauweiler findet die bisherigen Konzepte falsch; sie erinnern ihn an die Brüningschen Notverordnungen Anfang der 30er Jahre, »und die sind damals auch gescheitert. Wer es gut mit den Griechen meint, muss ihnen sagen: Raus aus dem Euro, werdet ein Investitionsparadies!« Das, hält Wagenknecht entgegen, würde Griechenland zum Superbilliglohnland machen »und ist nur für die Touristen schön«.

»Freiheit statt Kapitalismus« heißt Wagenknechts Buch. »Freiheit statt Goldman Sachs«, würde Gauweiler gern einschränken. Die eine will das System umkrempeln, der andere die schlimmsten Wucherungen amputieren. Das bleibt der Unterschied.

Sahra Wagenknecht: Freiheit statt Kapitalismus. Über vergessene Ideale, die Eurokrise und unsere Zukunft. Campus Verlag, 406 Seiten., 19,99 €

Neues Deutschland vom 10.Mai 2012

Lesermeinung

Leider sprechen zu viele einflußreiche Leute davon, dass sich die
Opposition in diesem Lande auf die Herren Gauweiler und Scheffler beschränkt. Die Linke wird allzugern als nicht existent behandelt!

G. Kozlik

ddmmyy


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