Diese Website verwendet Cookies.
Zum Hauptinhalt springen

Kommunalwahl 1990 – ein Rückblick von Joachim Werner

Im Januar 1990 gab Ex-Generalsekretär Egon Krenz vor dem Runden Tisch eine Erklärung ab. Seiner Ansicht nach hatte es in den vergangenen 40 Jahren in der DDR niemals freie Wahlen gegeben. "Es gab nur Zettelfalten", sagte er vor dem Runden Tisch.

Krenz erklärte auf Anfragen zur Kommunalwahl vom 7. Mai 1989, dass die Ergebnisse richtig im EDV-Zentrum berechnet worden sind, er vermute aber auch, dass auf dem Weg dahin nicht alle Wahlergebnisse richtig erfasst wurden. Und damit hatte er recht.

Ich war damals als Wahlhelfer tätig und wusste einen Tag später, dass die Ergebnisse manipuliert waren. Jeder der das korrekt! ausgezählte Ergebnis von Neuenhagen kannte, war entsetzt, was am nächsten Tag im „Neuen Tag“ als Wahlergebnis des Kreises Strausberg veröffentlicht wurde. Projizierte man diese Vorgehensweise auf die restlichen Kreise der DDR, wusste man wie die traumhaften Ergebnisse zustande kamen.

Am 06. Mai 1990 wurde die Kommunalwahl wiederholt.

Diesmal demokratisch aber schon im Schatten der Währungsunion und der deutschen Einheit.

Eigentlich sollten ja an diesem Tag die Volkskammerwahlen stattfinden.

Der Runde Tisch wollte diesen symbolischen Termin gerade wegen der gefälschten Kommunalwahl von 1989. Aber unter dem Druck des Westens und mit Hilfe der Ost-SPD wurde eine Vorverlegung der Parlamentswahlen verhandelt. So geschehen dann am 18. März 1990 als die wahlberechtigte Bevölkerung der DDR die Abschaffung ihres Staates besiegelte.  

Bei diesen Volkskammerwahlen war ich auch als Wahlhelfer tätig.

Von dem Ergebnis war ich persönlich enttäuscht. In meiner Naivität erhoffte ich mir damals ein besseres Ergebnis für die PDS.  Mit 16% war nun ihre Oppositionsrolle besiegelt und ich war endlich auf dem Boden des real existierenden Wählerverhaltens der Ostdeutschen angekommen.

In Neuenhagen ging es jetzt in die zweite Runde des Wahlmarathons.

Von der alten Gemeindevertretung am 14.03.90 beschlossen, sollten 35 Abgeordnete in 5 Wahlkreisen, verteilt auf 11 Stimmbezirke, gewählt werden. Am 19.04.90  fand sodann die letzte Tagung der Neuenhagener Volksvertretung statt. An dieser Sitzung nahmen nur noch 63% der Abgeordneten teil. Hier war die Luft jetzt endgültig raus.  

Die Gemeindewahlkommission stellte 10 Parteien und Organisationen zur Wahl fest.

Liste 8 war PDS und hatte in jedem Wahlkreis zwischen zwei und fünf Kandidaten auf der Liste. Ich stand als Kandidat im Wahlkreis 1 auf Listenplatz 1 und hatte von Kommunalpolitik keine Ahnung! Dieses Schicksal teilte ich aber mit der übergroßen Mehrheit aller Kandidaten.

Bei einer Wahlbeteiligung von 76 % kam es zu folgenden Ergebnissen:

BFD – Die Liberalen                                        4,8 %   =   2 Sitze

BG-Neuenhagen                                            10,5 %   =   4 Sitze

CDU                                                             28,6 %   = 10 Sitze

Grüne Partei und Demokratie jetzt                    4,9 %   =   2 Sitze

PDS                                                             15,6 %   =   5 Sitze

SPD                                                             33,4 %   = 12 Sitze

Nach der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung am 17.05.1990 und der Wahl unseres langjährigen Bürgermeisters, Klaus Ahrens, gab es für mich in den folgenden Jahren viele prägende Erfahrungen in praktischer Kommunalpolitik.

15 Jahre sind eine lange Zeit.

Neuenhagen hat sich demokratisch und strukturell erneuert.

Viele haben Ihren Platz in der neuen Gesellschaft gefunden und einige sind an ihr gescheitert.

Ich bin froh, dass ich es bis heute ausgehalten habe.

(„Im Gespräch“ 5/2005)

Joachim Werner


Beiträge im Archiv

können nach Jahr oder

nach Jahr und Monat gefiltert,

oder aber über einen Suchbegriff im Suchfeld gefunden werden

Zurück zum Filterergebnis mit dem Browser-Button, zu neuer Auswahl mit dem Zurück-Button links unten