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Gedanken zum 13. August und 1 Kommentar

An diesem Sonntag im Jahr 1961 war ich als Schüler mit einer Unterschriftensammlung - ich glaube, es ging um Mikis Theodorakis-  in meinem Wohnhaus in Berlin-Karlshorst unterwegs. In den Nachrichten hatte ich zuvor von der Schließung der Grenze zu West-Berlin gehört und teilte das meinen Nachbarn sogleich mit. Ich bekam meine Unterschriften, obwohl meine Mitteilung einige Mitbewohner doch etwas besorgt blicken ließ.  Überrascht war keiner, hatte sich doch etwas angebahnt in den vorangegangenen Wochen. Dazu zählte auch, dass ich von meiner Schule, der Kant-Oberschule in Berlin Lichtenberg, mitten in den Ferien die Aufforderung bekam, mich für Aushilfsarbeiten in der Schule zu melden. In den Lebensmittelgeschäften wurden Mehl und Zucker in großen Mengen abgekauft, so dass die Verpackungen ausgingen. Also füllten wir Schüler Mehl und Zucker aus Säcken in Papiertüten...

Im Juli hatte ich mir als Ferien-Aushilfskraft im WF (Werk für Fernsehelektronik) in Oberschöneweide ein paar Mark verdient. Im Gespräch unter den Arbeiterinnen war natürlich die massenweise Ausreise von DDR-Bürgern über die offene Grenze nach West-Berlin ein Thema. Alle fragten sich, wo das noch hinführen solle. Die Antwort erfolgte am 13. August 1961. Das etwas geschehen musste, lag in der Luft. Was geschah, überraschte vor allem die "Brüder und Schwestern" im Westen.

Das mit dem "Antifaschistischen Schutzwall" war sicher auch ein Aspekt der Grenzschließung. Hauptsächlich ging es aber darum, ein Ausbluten der DDR zu verhindern. Das war nach meinem Erleben auch die vorherrschende Meinung, und dass weniger politsche als wirtschaftliche Gründe für die Ausreise gesehen wurden auch.

Aus heutiger Sicht und in Kenntnis der Ereignisse im Jahre 1989 kann man wohl sagen, dass ohne die Grenzschließung 1961 die DDR schon damals untergegangen wäre. Was das in der Hochzeit des Kalten Krieges bedeutet hätte, möchte ich lieber nicht weiterdenken. Und so kann ich die damaligen Worte J.F. Kennedys "Eine Mauer ist besser als ein Krieg" nur unterstützen.

Es wäre aber falsch, nur der DDR die Schuld an der Mauer zu geben. Die "Brüder und Schwestern" im Westen haben nichts unversucht gelassen, die "SBZ", "Zone" und "DDR in Gänsefüßchen" zu destabilisieren und ihrem Alleinvertretungsanspruch zu unterwerfen. Die Teilung Deutschlands ging nicht vom Osten aus: Einführung einer West-Währung, Gründung der BRD, ihr Beitritt zur NATO - immer kam der erste Schnitt vom Westen. Dass beide deutsche Staaten in gegeneinander gerichtete Bündnissysteme eingebunden waren, ohne volle Souveränität durch die alliierten Siegermächte erhalten zu haben, und dass West-Berlin als "Pfahl im Fleische des Kommunismus" gehalten wurde ist nicht auf eine verfehlte Wirtschaftspolitik oder auf Demokratie-Defizite in der DDR zurückzuführen. Letztere haben dann aber trotz Mauer zum Ende der DDR geführt.

Im historischen Zusammenhang gesehen war die Mauer wohl unvermeidlich. So wie die daraus folgenden beklagenswerten Opfer. Grenzsicherung - egal in welche Richtung gedacht - ist immer mit tödliche Gefahren verbunden. Auch die jährlich 500 Toten an der Grenze zwischen den USA und Mexiko* sind Opfer. Auch sie wagten den Grenzübertritt, um sich aus ihrer Not zu befreien - nur waren sie jenseits der Grenze nicht willkommen und kamen aus dieser Richtung zu Tode. Aber letztlich ist es egal, von welcher Seite geschossen wird. Es verletzt immer das Menschenrecht auf Leben.

Klaus Biedka


* 3sat-Beitrag

Lesermeinung

Auch der willkürliche von der BRD festgelegte Wechselkurs von 4 bis 10 Mark der DDR
für eine Westmark trug zum Ausverkauf der DDR-Geschäfte bei; Arbeit im Westen - Leben im Osten: was für ein Gewinn! Leider zu Lasten der DDR-Bevölkerung (`ne Fischschrippe für 25 Pfennig im Osten und 1,50 DM im Westen! und..und und!).
Das musste sich ändern! Wer würde sein Haus durch eine offene Haustür ausräubern
lassen? Daran sollten die "Anti-Mauer-Schreier" auch denken.

Heinz Scharf


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