Diese Website verwendet Cookies.
Zum Hauptinhalt springen

Die Arbeitswelt im Jahre 2005

Reicher Mann und armer Mann
standen da und sah`n sich an.
und der arme sagte bleich:
wär´ ich nicht arm, wärst du nicht reich.

Wie recht doch B. Brecht damit hatte. Dieser Reim ist heute so aktuell wie damals.

Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht mindestens eine Unternehmensschließung oder -verlagerung in Billiglohnländer in den Medien verkündet wird. Auf der Strecke bleiben Arbeitnehmer mit Hartz IV-Option oder, wenn sie „Glück“ haben mit Lohnkürzungen und längerer Arbeitszeit. Das einstmals hart erkämpfte Tarifrecht in der Bundesrepublik  droht ausgehöhlt zu werden, Lohndumping und Ausbeutung  werden Tür und Tor geöffnet. Beste Beispiele dafür sind 1-Euro-Jobs, Niedriglohn-Arbeiter oder das Praktikantenunwesen. Bei einem Millionenheer von Arbeitslosen fällt es den Arbeitgebern nicht schwer, ihre Profite zu steigern. Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird schlecht geredet, die Steuergeschenke der Politik dankbar angenommen und die vollen Taschen erst einmal in Sicherheit gebracht. Begleitmusik dafür ist das Gejammer über zu hohe Löhne, zu hohe Lohnnebenkosten, gewerkschaftliche und betriebliche Mitspracherechte. Dabei war das Jahr 2004 z.B. für die 30 DAX-Unternehmen  ein äußerst bedeutendes Jahr. Analysten schätzen den Gewinn auf 62 Milliarden Euro, das sind 112 % ! mehr als im Vorjahr. Der Stern kommentiert: Die deutschen Großkonzerne stehen so gut da, dass sie sich kaum trauen, es laut zu sagen. Bei den Managergehältern hat die Gewerkschaft VERDI recherchiert, dass die Vorstände der 30 DAX-Unternehmen im Jahr 2003 pro Kopf 1,42  Millionen Euro erhielten. Im Durchschnitt bekam jeder Top-Manager eine Gehaltserhöhung von 141.ooo Euro, also 11 % mehr als 2002! Wie die Tarifauseinandersetzungen für die Arbeitnehmer bzw. deren Ergebnisse, und zwar in allen Branchen,  aussehen, kann permanent in der Öffentlichkeit verfolgt werden. Zusammenfassend muss man dazu feststellen: Was wir brutto bekommen, ist viel weniger, als wir verdient hätten. Was davon netto übrig bleibt, reicht kaum zum Leben. Nach Abzug der Preissteigerungen bleibt real noch weniger übrig. Dafür aber steigen die täglichen Arbeitsbelastungen, wird Flexibilität und Lohnverzicht verlangt. Das bedeutet für nicht wenige Arbeitnehmerhaushalte ein Leben an der Armutsgrenze.

Die viel zitierte Schere zwischen arm und reich klafft also immer stärker auseinander. Dabei wollen  die Menschen in diesem Land  in aller Regel nicht reich werden, sondern nur ganz normal einer Tätigkeit nachgehen, von der sie leben und ihre Grundbedürfnisse befriedigen können. Dieser Anspruch scheint mir nicht überzogen, wenn man bedenkt, dass in Deutschland genügend Geld und Arbeit vorhanden sind.  Beides muss nur gerechter verteilt werden, nämlich das Geld von übervollen in leere Taschen und die Arbeit  von wenigen  auf mehr Schultern. Im Moment aber scheint mir dafür mehr der Wunsch der Vater des Gedanken zu sein. Denn alle Zeichen  in der Gesellschaft deuten auf einen anderen Weg.

Silvia Marx