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60. Jahrestag der Potsdamer Konferenz - Gedanken von Erhard Dechnik

In diesen Wochen begehen wir ein weiteres bedeutendes Ereignis im Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus und des Kriegsendes – das der Potsdamer Konferenz.

Sie tagte vom 17. Juli bis zum 2. August 1945. Die Regierungschefs der UdSSR, J. W. Stalin, Großbritanniens, W. Churchill bzw. C. Attlee und der Präsident der USA, Truman, standen an der Spitze ihrer Delegationen. Aufgabe der Konferenz war es, anknüpfend an die bisherigen Vereinbarungen der Antihitlerkoalition, Grundlagen für eine stabile europäische Friedensordnung zu schaffen.
Das deutsche Problem spielte dabei eine zentrale Rolle. Mit dem Sieg über den Faschismus eröffnete sich für das deutsche Volk die große Chance für eine friedliche, demokratische und antifaschistische Entwicklung. Dafür beschloss die Konferenz grundlegende Maßnahmen zur Entmilitarisierung, Entnazifizierung und Demokratisierung Deutschlands. Die Rüstungsindustrie und die Monopole sollten beseitigt, eine Friedenswirtschaft aufgebaut und ein einheitlicher demokratischer Staat geschaffen werden.
Die Großmächte erzielten eine grundsätzliche Einigung über die deutschen Ostgrenzen. Die Regelung über Aussiedlung von Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn unterstrichen bereits damals ihre Endgültigkeit. Bernd Hoppe schreibt dazu in der Berliner Zeitung vom 16./17. Juli 2005: „In Potsdam wurden die Deportationen nicht beschlossen – es wurden letzte Details eines Vorganges kodifiziert, der schon seit geraumer Zeit im Gang war.“ Insbesondere war es Churchill, der noch im Dezember 1944 im Unterhaus erklärte, dass die vollständige Ausweisung der Deutschen aus Ostmitteleuropa als „das befriedigenste und dauerhafteste Mittel“ sei, um den Frieden in Europa zu bewahren. Mit und nach der Potsdamer Konferenz wurde der sowjetischen Führung die Verantwortung für die Völkerwanderung zugeschoben und verschwiegen, dass Großbritannien dazu die Initiative ergriffen hatte. Es waren aber nicht die deutschen Ostgrenzen, die im Mittelpunkt der Potsdamer Konferenz standen, sondern die eingangs genannten Ziele, einschließlich der Fragen der Besatzungszonen und der Aufteilung der Reparationen.
Von den Westmächten wurden die Potsdamer Beschlüsse in der Folgezeit formal und konsequent durchgesetzt, bald aber mehr und mehr missachtet und schließlich ganz sabotiert. Der Bruch des Potsdamer Abkommens war ein eindeutiges Signal dafür, dass die USA und ihre Bündnispartner zur Politik des kalten Krieges gegen ihren ehemaligen Verbündeten, die UdSSR und ihre Bündnispartner übergingen.
Die Regierung der Bonner Republik lehnte, im gravierenden Unterschied zur DDR, von Anfang an die Beschlüsse von Potsdam ab. Sie behauptete, dass dieses Abkommen allein Sache der Besatzungsmächte und für die deutsche Politik nicht bindend sei. Anstelle der geforderten Entnazifizierung wurden zum Beispiel 244 NS-Diplomaten und 674 Ritterkreuzträger in den Aufbau staatlicher Machtstrukturen einbezogen.
In dem inkonsequenten Umgang mit dem deutschen Faschismus liegt meiner Meinung nach eine der Hauptursachen für den aufgekommenen Neonazismus in der Bundesrepublik. Das Potsdamer Abkommen, wie so viele andere Ereignisse, wird benutzt, um im Nachhinein die Geschichte umzuschreiben und die Schuld Deutschlands am 2. Weltkrieg und seinen Folgen aus dem Gedächtnis der Menschen zu streichen.
Beitrag für Heft 8-05 „Im Gespräch"


Erhard Dechnik