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Angela Kann

Gemeinsam mehr erreichen

Interview mit Sven Franke, Vorsitzenden des Vereins FLOW Erpetal e.V.

Mit dem neuen Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion werden die Gemeinden Neuenhagen bei Berlin und Hoppegarten in Funktionsteilung die Aufgabe des Mittelzentrums wahrnehmen. Nun hat sich ein Verein gegründet, der den Dialog der Gemeinden in den Vordergund stellen will. Mit dem neuen Vorsitzenden, Herrn Sven Francke, sprach die stellv. Fraktionsvorsitzende der LINKEN Angela Kann.

 

Ansichten-Aussichten: Herr Francke, ein ungewöhnlicher Vereinsname: FLOW, wie fließen. Was bedeutet FLOW Erpetal?

Herr Francke: Ausgeschrieben bedeutet FLOW „Für Land- und OrtsentWicklung“. Aber Sie haben Recht, wir wollten zweierlei betonen: Die Erpe verbindet die Gemeinden Neuenhagen und Hoppegarten. Darum ist die Erpe in ihrer geografischen Form auch Teil unseres Vereinslogos. Wir wollen mit dem Namen außerdem deutlich machen, dass beide Gemeinden im Aufbruch sind, sich fließend weiterentwickeln können und müssen.

Uns ist aber auch wichtig, dass wir darüber nicht nur im stillen Kämmerlein nachdenken wollen, sondern getreu unserem Motto „Dialog und Initiative für Land- und Ortsentwicklung“ dieses mit den Bürgerinnen und Bürgern in beiden Gemeinden gemeinsam erarbeiten wollen.

 

Ansichten-Aussichten: In Ihrer Satzung ist folgendes (auszugsweise) zu den Zielen des Vereines zu lesen:

1. Zweck des Vereins ist die aktive Mitgestaltung der kommunalen Ortsentwicklung der Rennbahngemeinde Hoppegarten (Mark) und Neuenhagen bei Berlin. Zentrales Anliegen ist die Wahrung und behutsame Fortentwicklung der historisch gewachsenen Strukturen beider Gemeinden unter Berücksichtigung des Landschaftsbilds. Der Verein versteht sich als Teil der Bürgerschaft und vertritt stellvertretend deren Interessen. Er legt Wert auf eine konstruktive Kooperation und arbeitet transparent mit den jeweils gewählten Vertretungen und Behörden zusammen. Im Mittelpunkt stehen:  

  • die Begleitung innovativer Ideen in der Ortsentwicklung 
  • ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Siedlungs-, Gewerbe- und Naturräumen 
  • die Sicherung des Landschafts- und Naturschutzstatus in Hoppegarten und Neuenhagen   

2. Für seine Arbeit rekrutiert, betreut und fördert der Verein ehrenamtliche Mitarbeiter/innen, die sich aktiv der Heimatpflege und des Umweltschutzes annehmen. 

3. Der Verein ist politisch unabhängig und überkonfessionell.  

4. Der Verein verfolgt zudem das Ziel, die Öffentlichkeit vollumfänglich über Entwicklungsprozesse bzw. deren Planung zu informieren. Er versteht sich als Bindeglied zwischen Verwaltung, Gemeindevertretung, Bürgerschaft, Vereinen, Unternehmen und weiteren lokalen Institutionen. Hierzu kann der Verein Öffentlichkeitsarbeit leisten und Stellungnahmen gegenüber Politik, Fachöffentlichkeit und Öffentlichkeit abgeben.

Wie kamen Sie und Ihre Mitstreiter auf die Idee, einen Verein mit diesen Zielstellungen zu gründen?

Herr Francke: Wir erleben allerorten Vertrauensverluste zwischen Politikern und Bürgern, zwischen Verwaltung und Betroffenen, zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit. Die Unterstützung für unser Gemeinwesen nimmt ab.

Da können wir zuschauen oder etwas tun und aktiv werden.

Gerade in der Kommune muss Politik mit den Menschen im Austausch stehen, sie mitnehmen, sich der Kritik stellen. Kommunalpolitik ist doch die Politik am Bürger.

Und da wollen wir uns eben aktiv beteiligen. So entstand die Idee zum Verein. Ein Verein für aktive Bürger, die sich einmischen und die Gemeinden Hoppegarten und Neuenhagen gemeinsam gestalten wollen.

Im ersten Schritt müssen Vorhaben und Planungen für die Bürgerschaft transparenter werden. Im zweiten Schritt wollen wir den Bürgern ihre Möglichkeiten zur Mitwirkung aufzeigen. Wir dürfen nicht vergessen, dass viele aufgrund ihrer Arbeitszeiten und der z.T. langen Arbeitswege ihr Anliegen nicht einzeln und persönlich vorbringen und diese Anliegen kontinuierlich weiterverfolgen können. Der „FLOW Erpetal e.V.“ versteht sich an dieser Stelle als Ansprechpartner, Vertreter der Bürgerschaft, als Vermittler zwischen Verwaltung und Bürger und den Gemeinden selbst. So wollen wir zu einer neuen Diskussionskultur im Erpetal beitragen.

 

Ansichten-Aussichten: Wie soll die Arbeit mit den Verwaltungen und Gemeindevertretungen der Orte Neuenhagen und Hoppegarten aussehen?

Herr Francke: Nun, wir verstehen uns als Partner, als Gesprächspartner der Verwaltungen und Gemeindevertretungen in beiden Gemeinden. Uns geht es darum, dass sowohl politische als auch administrative Entscheidungen gemeinsam breit diskutiert werden, das Wissen aller Beteiligten und Betroffenen zusammengetragen wird. Wir wollen auf Augenhöhe miteinander kommunizieren und Entscheidungen nachvollziehbarer und transparenter machen. Gemeinsam können wir nicht nur bessere Entscheidungen treffen, sondern auch das Vertrauen darin stärken. 

Daher nehmen wir in Hoppegarten an den öffentlichen Gemeindevertreter-Sitzungen teil. Leider ist es dort noch nicht gelungen, das Klima des Vertrauens und des Miteinanders unter allen Gemeindevertretern zu etablieren. Mitunter treffen wir dort auf einen Ton, der misstrauisch ist und kein verantwortungsvolles und bedächtiges Handeln im Interesse der Bürger und Gewerbetreibenden ermöglicht. Daher sehen wir unsere erste Aufgabe darin, dies zu ändern. Künftig möchten wir auch in den Sitzungen der Gemeindevertretung Neuenhagen stärker vertreten sein.

 

Ansichten-Aussichten: Schon in der gestrigen Veranstaltung wurde deutlich, dass die Interessen beider Orte in vielen Punkten zu verknüpfen sind, aber in einigen Punkten auch stark differenzieren. Ein Thema, das die Bürgerschaft im Moment spaltet ist der Umgang mit den Plänen der Rennbahn GmbH zur Nutzung der Galopprennbahn als Eventveranstaltungsort auch zunehmend für Großveranstaltungen. Wie wollen Sie sich hier als Mittler und Sprecher für alle Bürger aufstellen?

Herr Francke: Ihre Frage fordert zur Kontroverse heraus. Unser Eindruck ist weniger, dass die Bürgerschaft zwischen den Gemeinden gespalten ist. In unseren Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern stellen wir auch nicht fest, dass es schwarz-weiß um ein Ja oder Nein zu Veranstaltungen auf der Rennbahn geht. Vielmehr stellen sich viele von ihnen die Frage, welche Art Veranstaltungen sind wie oft im Jahr verträglich für Anwohner und Natur, unter Berücksichtigung der hiesigen Infrastruktur.

Dieses ist eine Frage, die es in einer gemeinsamen Diskussion in beiden Gemeinden zu beantworten gilt. Die Bürger beider Gemeinden müssen sich aktiv einmischen können in die Diskussion. Gerade wenn die meisten Entscheidungen in dieser Angelegenheit am Ende von der Gemeinde Hoppegarten getroffen werden, sie betreffen alle Bürger im Erpetal. Daher trägt die Gemeinde Hoppegarten auch eine Verantwortung dafür, die Bürger beider Gemeinden einzubeziehen.

Bislang ist dies für Neuenhagener Bürger scheinbar weder von der Rennbahn, noch von der Gemeinde Hoppegarten vorgesehen. Das entspricht nicht dem Geist eines gemeinsamen Mittelzentrums beider Gemeinden. Zwei Gemeinden, die quasi fließend ineinander übergehen, können nicht wie Konkurrenten auftreten, sondern brauchen ein Klima des Miteinanders. Am Ende werden nur partnerschaftlich gefundene Lösungen auf allgemeine Akzeptanz treffen.

Unser Eindruck ist: Die Pläne der Rennbahn, die Gerhard Schöningh und Peter Hoeck Domig bis dato vorgestellt haben, sind nicht grundsätzlich falsch und schlecht. Im Gegenteil, einige Gedanken können Chancen bieten. Eine reine „Eventlocation Rennbahn Hoppegarten“ wird weder den aktuellen Herausforderungen beider Gemeinden, noch deren Historie gerecht. Aber natürlich gibt es Veranstaltungsformate, die zu uns passen und den Interessen der Bürgerschaft gerecht werden. Dieses haben wir in einem ersten Gespräch mit Peter Hoeck Domig deutlich gemacht. Eine Fortsetzung des Gesprächs ist nun zusammen mit Gerhard Schöningh geplant.

 

Ansichten-Aussichten: Der Kreis steht ja einer zukunftsweisenden Entwicklung von weiterführenden Schulen im zukünftigen Mittelzentrum blockierend entgegen und arbeitet als Argument mit veralteten Schülerzahlen. Wie wollen Sie die Bürgerschaft in Sachen Schulentwicklung z.B. im Kreis MOL vertreten?

Herr Francke: Auch hier setzen wir auf den Dialog mit den Gemeinden. Der wachsende Berliner Siedlungsdruck und die Urbanisierung des Umlandes treffen Hoppegarten und Neuenhagen ja gleichermaßen. Das gemeinsame Mittelzentrum erfordert auch hier, dass beide Gemeinden gemeinsam nach geeigneten Flächen für die bevorstehende Entwicklung suchen. Auch uns liegen keine aktuellen Zahlen, sondern nur die Berechnungen von 2010 des statistischen Landesamt Berlin-Brandenburg vor. Wir wollen jetzt prüfen, ob diese Berechnungen aus 2010 sich in den Jahren 2011 bis 2017 bestätigt haben oder nicht.

Unser Vorstandsmitglied Sandra Bleckert ist pädagogisch tätig. Sie beobachtet seit Jahren das Gegenteil der einstigen Prognosen. Demnach sollten die Kinderzahlen sinken, aber die Zahlen steigen stetig. Gerade in den Gemeinden Hoppegarten und Neuenhagen kommt eine nicht planbare Variable hinzu – der Zuzug aus Berlin. Selbst wenn es in Neuenhagen keinen weiteren Siedlungsausbau geben soll, so werden wir dennoch mit Zuzug konfrontiert werden. Ältere Generationen geben ihr Eigenheim auf und verkaufen nicht selten an junge Menschen, die entweder Kinder im schulpflichtigen Alter haben oder kriegen werden. 

Es gibt also genügend Gründe, die Aussagen des Kreises infrage zu stellen. Das müssen wir aber gemeinsam tun, nur dann werden wir zu den richtigen politischen Entscheidungen kommen.

 

Ansichten-Aussichten: Mit welchen Vereinen und Institutionen sehen Sie Schnittmengen und die Möglichkeit einer Zusammenarbeit?

Herr Francke: Über die Zusammenarbeit mit den Gemeindevertretungen hatte ich schon gesprochen. Dafür arbeiten wir partei- und fraktionsübergreifend. Wir suchen aber auch Kooperationen mit ortsansässigen Vereinen und Unternehmen. Jedoch wollen wir uns nicht einseitig festlegen, die Interessen der Bürger und kommunalen Themen sollen uns den Weg vorgeben. Eine erste aktive Kooperation besteht mit dem NABU Landesverband Brandenburg sowie den Ortsgruppen Hoppegarten und Neuenhagen.

 

Ansichten-Aussichten: Wen möchten Sie für die Mitarbeit im Verein gewinnen und wo können sich Interessierte melden?

Herr Francke: Alle Bürger, Unternehmen und Institutionen, die an einem gemeinsamen Entwicklungsprozess der Gemeinden Hoppegarten und Neuenhagen interessiert sind, sind jederzeit herzlich willkommen, konstruktiv mitzudiskutieren. 

Wer will, kann sich unter der E-Mail Adresse: info@flow-erpetal.de und der Telefonnummer 03342 – 25 95 55 melden und mitmachen. Unsere Homepage www.flow-erpetal.de befindet sich derzeit noch im Aufbau und wird hoffentlich in Kürze online gehen.

 

Ansichten-Aussichten: Welche Termine stehen in der nächsten Zeit an?

Herr Francke: In Kürze nimmt die erste Arbeitsgruppe ihre Arbeit auf. Sie will sich der Pläne der Rennbahn annehmen und diese begleiten. Der Vorstand trifft sich regelmäßig zu offenen Workshops, um sich weitere Themen und Aktivitäten zu erarbeiten. Termine können bei uns erfragt werden.

 

Wir möchten Ihnen viel Erfolg für Ihre Vereinsarbeit wünschen und dass es Ihnen gelingt, die Bürgerschaft beider Orte gut zu repräsentieren.

 

 Der Artikel erschien in den <media 65645 - external-link-new-window "Öffnet einen externen Link in neuem Fenster">Ansichten-Aussichten vom Mai 2018</media>.


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Lektüretipp

Wir empfehlen Euch die Lektüre  von " Das kurze Gedächtnis - Wie es wurde, was es ist - Splitter aus der deutschen Nachkriegsgeschichte" Gedanken von Kerstin Kaiser, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Moskau www.dielinke-neuenhagen.de/fileadmin/neuenhagen/Gedaechtnis.pdf